Was taugt Trumps Ukraine-Friedensplan?
Deshalb könnte der Krieg enden

Am Donnerstag wurden mehrere Punkte zu Trumps lange erwartetem Friedensplan für die Ukraine bekannt. Fest stünden die Bedingungen noch nicht, sagt Militärexperte Ralph Thiele. Jedoch zeichneten sich die Grundlagen für die Verhandlungen immer klarer ab.
Publiziert: 18:40 Uhr
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Aktualisiert: 18:52 Uhr
Laut Medienberichten will Donald Trump (r.) Wolodimir Selenski schon bis Ostern zu einem Waffenstillstand mit Russland bewegen.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

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Daniel JungRedaktor News

Erste Details zum Ukraine-Friedensplan von Donald Trump (78) haben die britische «Daily Mail», das ukrainische Nachrichtenportal Strana und die US-Agentur Bloomberg am Donnerstag veröffentlicht. Laut diesen Berichten will der US-Präsident den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (47) schon bis Ostern (20. April) zu einem Waffenstillstand mit Russland bewegen. Allerdings: Eine Bestätigung aus Kiew für solche Pläne fehlt bislang.

Die genauen Bedingungen von Trumps Plan stünden noch nicht fest, erklärt unterdessen der deutsche Militärexperte Ralph D. Thiele (71). Trumps Sondergesandter für die Ukraine, der frühere General Keith Kellogg (80), werde in Europa erst noch wichtige Gespräche führen und Bedingungen ausloten. 

In diesem Zusammenhang würden jetzt verschiedene Ideen zum möglichen Frieden in Umlauf gebracht, so Thiele. «Kellogg muss sich aber erst ein Lagebild formen, bevor er mit konkreten Vorschlägen kommt.» Trotzdem, so ist Thiele überzeugt, zeichnen sich bereits klare Rahmenbedingungen ab.

Gebietsverlust und Nato-Verzicht

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Gemäss neusten Berichten soll die Ukraine die russische Kontrolle über die annektierten Gebiete im Osten des Landes anerkennen.
Foto: Anadolu via Getty Images

Gemäss den neusten Berichten soll die Ukraine die russische Kontrolle über die annektierten Gebiete im Osten des Landes anerkennen: Die von Russland grösstenteils besetzten vier Oblaste würden nach einem Waffenstillstand entmilitarisiert, aber unter russischer Kontrolle bleiben.

Die Ukraine müsste sich aus der russischen Region Kursk zurückziehen und auf einen Nato-Beitritt verzichten. Im Gegenzug würde die US-Unterstützung für das ukrainische Militär fortgesetzt und ein EU-Beitritt bis 2030 in Aussicht gestellt. Die EU müsste sich finanziell stark am Wiederaufbau beteiligen.

Keine Lust, kein Geld, keine Soldaten

Trotz vieler Unsicherheiten ist Thiele davon überzeugt, dass ein baldiges Ende des Kriegs in der Ukraine bevorsteht. Er sagt: «Der Krieg wird enden, zumindest vorübergehend, das ist für mich sonnenklar.» Die Amerikaner hätten keine Lust, die Europäer kein Geld, und die Ukrainer keine Soldaten mehr. Ein Frieden werde deshalb in wenigen Monaten geschlossen, ist Thiele überzeugt. «Die Frage ist jetzt eigentlich nur noch, zu welchen Bedingungen.»

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Der Militärexperte ist dabei überzeugt, dass es Trump gelingen wird, Putin an den Verhandlungstisch zu kriegen. Aufgrund des wirtschaftlichen Drucks sei es für den Kreml-Chef klar, dass er etwas tun müsse. «Und die Wirtschaft ist immer der Kern», betont Thiele. Auch die Chinesen, deren Wirtschaft gerade nicht brummt, hätten ein Interesse daran, dass in der Ukraine Ruhe einkehre. 

Riesiger Druck auf Selenski

Dass die Ukraine die Kontrolle über rund 20 Prozent des eigenen Territoriums verlieren werde, sei praktisch unvermeidlich, sagt Thiele. Langfristig könne die Ukraine hoffen, die Gebiete wieder zurückzuerhalten – im Sinne einer Wiedervereinigung nach mehreren Jahrzehnten. Kurzfristig sei dies aber praktisch ausgeschlossen. «Das ist eine klare Kiste», sagt Thiele. «Freund und Feind werden Selenski die Pistole auf die Brust setzen.» 

Doch ist ein stabiler Frieden mit Putins Russland überhaupt möglich? Thiele ist vorsichtig optimistisch. Die Friedensordnung müsse für die Ukraine und für Putin wirtschaftlich gangbar sein. Russland müsse im Export wieder Geld verdienen können, und die Ukraine müsse wirtschaftlich auf die Beine kommen. Ein Problem für Kiew: Viel Industrie und viele Rohstoffe befinden sich im Osten des Landes. 

Die Amerikaner müssten derweil gewisse Sicherheitsgarantien sprechen – und hoffen, dass Putin diese nicht testet. Denn eine militärische Sicherung der Ukraine erachtet Thiele als sehr schwierig. 

Hohe Kosten für Europa

Dass die USA auf baldige Präsidentschaftswahlen in der Ukraine drängen, sei ebenfalls möglich, so Thiele. Zwar sei Selenski 2019 auch mit Unterstützung der USA gewählt worden, jedoch könnten die Amerikaner nun ein Interesse an einem Machtwechsel in Kiew haben: Die Ukraine kämpfe mit Korruption und sei unter Selenski eher autokratischer geworden. 

Der Ukraine die Perspektive eines EU-Beitritts anzubieten, sei grundsätzlich einfach, sagt Thiele. Ein Beitritt sei aber kaum denkbar, solange die Korruption und das organisierte Verbrechen nicht unter Kontrolle sei.

Der Sondergesandte Kellogg werde auch ausloten, wie stark er die Europäer bei einem allfälligen Wiederaufbau der Ukraine finanziell in die Pflicht nehmen könne. «Da kommt ein ordentlicher Batzen zusammen, den wir buckeln sollen», sagt Thiele. Letztlich sei es aber auch denkbar, dass der Wiederaufbau in der Ukraine zu einem wirtschaftlichen Erfolg führe – ähnlich wie in Nachkriegsdeutschland.

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