Jeder Zweite schon geimpft
Warum sind die Briten so viel schneller als wir?

Halbzeit in Grossbritannien! Dort sind mittlerweile die Hälfte aller Erwachsenen gegen Corona geimpft. Anders in der Schweiz und in der EU. Was machen also die Briten besser als wir? Ein Überblick.
Publiziert: 21.03.2021 um 07:11 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2021 um 17:24 Uhr
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Gute Nachricht für die Briten. Schon die Hälfte aller Erwachsenen ist gegen das Coronavirus geimpft.
Foto: Facebook / Brendan Clarke-Smith

In Grossbritannien ist schon die Hälfte aller Erwachsenen gegen das Coronavirus geimpft. Fast 27 Millionen Menschen haben eine erste Impfdosis bekommen, gut zwei Millionen auch schon die zweite Spritze. Zum Vergleich: In der Schweiz wurden laut Bundesamt für Gesundheit gerade einmal etwas mehr als eine Millionen Menschen geimpft.

Die konservative Regierung von Premierminister Boris Johnson bejubelte am Wochenende einen «fantastischen Erfolg». Während man in der EU verzweifelt auf Nachschub wartet, haben die Briten nur vereinzelt mit Lieferengpässen zu kämpfen - auch, weil sie selbst kaum Impfstoff exportieren. Doch das ist nicht der einzige Grund. Ein Überblick, warum es dort besser läuft:

Hausärzte und Apotheken

Alle, die impfen können, tun das auch - so simpel lässt sich die britische Herangehensweise zusammenfassen. So dürfen neben den Impfzentren auch schon seit Monaten Hausärzte impfen. Sogar zahlreiche Apotheken haben eine Zulassung. «Die Mehrheit der Impfungen wird von Hausärzten vergeben», erzählt der Mediziner Azeem Majeed vom Imperial College London. Bei ihren Impfzentren sind die Briten erfinderisch: Sie funktionieren auch leere Stadien, Rennbahnen, Einkaufszentren und sogar Kirchen wie die berühmte Westminster Abbey um.

Benachrichtigung über Hausärzte

Üblicherweise sind die Briten im staatlichen Gesundheitsdienst NHS mit einer Nummer registriert - und damit bei einem Hausarzt in ihrer Nähe. Neben dem offiziellen Brief vom NHS kontaktieren die Hausarztpraxen ihre Patienten auch direkt per SMS oder Telefon, wenn sie beim Impfen an der Reihe sind. Wer keine Benachrichtigung erhält, aber nach offizieller Impfreihenfolge trotzdem dran ist, bekommt auch ohne Einladung einen Termin.

Immunisierungs-Management-Service hakt nach

Über ein landesweit einheitliches Buchungssystem lassen sich online Impftermine in den Zentren buchen. Dabei stehen meist mehrere Orte zur Auswahl, ausserdem lassen sich genaue Uhrzeiten buchen. Wer lieber vom Hausarzt geimpft werden möchte, muss sich manchmal etwas länger gedulden, kann dort aber auch - meist telefonisch - einen Termin ausmachen. Wer benachrichtigt wurde, aber keinen Termin bucht, gerät nicht aus dem Blick. Der sogenannte Immunisierungs-Management-Service hakt per Anruf nach. Ausserdem bekommt man SMS mit einer Terminerinnerung aufs Handy geschickt.

Keine unnötige Lagerung

Die Briten legen - anders als oft in Deutschland - die zweite Impfdosis nicht zurück. Was im Kühlschrank ist, wird auch geimpft. Man vertraut darauf, dass noch genug Impfstoff verfügbar ist, wenn die zweiten Termine anstehen. Bislang hat sich das ausgezahlt - allerdings ist das Land auch weniger von Lieferengpässen betroffen als die EU.

Erst vor wenigen Tagen gab es die erste Meldung, dass einige Millionen Dosen aus indischer Produktion später kommen.

Mehr Abstand zwischen den Impf-Terminen

Grossbritannien setzt auf grössere Abstände zwischen erster und zweiter Dosis. Beim Astrazeneca-Impfstoff handhaben das andere Länder mittlerweile genauso, nachdem weitere Daten zur Wirksamkeit veröffentlicht wurden. Die Briten strecken jedoch auch bei Biontech/Pfizer das Intervall - und versorgen damit einen grösseren Teil ihres Landes mit einer Teil-Immunität durch die erste Dosis.

Alles wird verimpft

«Wir verschwenden keinen Impfstoff», sagt der Mediziner Majeed. Arztpraxen führen Listen mit Patienten, die schnell zur Praxis kommen können, falls am Abend Impfdosen übrig bleiben. So gibt es immer wieder auch Menschen, die geimpft werden, obwohl sie eigentlich noch gar nicht an der Reihe sind - aber zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Deutschland will seine Reihenfolge künftig auch etwas pragmatischer nutzen als bisher.

Kein Impfstopp

Während etliche EU-Staaten wegen sehr seltener Fälle an seltenen Nebenwirkungen wie Blutgerinnseln zeitweise aussetzen, impften die Briten weiter. Die britische Zulassungsbehörde rief Menschen mit länger anhaltenden Nebenwirkungen zwar auf, sich Rat beim Arzt zu suchen. Allerdings betont die Regierung durchgehend, die Vorteile der Impfung seien bei weitem grösser als die Risken. Der medizinische Regierungsberater Jonathan Van-Tam sagt: «Impfstoff rettet keine Leben, wenn er im Kühlschrank liegt.» (SDA)

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