Wir müssen uns weiter gedulden. Für die Lockerungen, die der Bundesrat vergangene Woche in Aussicht gestellt hat, ist es aus Sicht der Regierung zu früh. Die Situation sei zu instabil, sagte Gesundheitsminister Alain Berset (48) an der heutigen Medienkonferenz. «Leider.»
Einzig ein kleines Zückerli serviert der Bundesrat der Bevölkerung: Drinnen dürfen sich ab Montag maximal zehn statt bisher nur fünf Personen privat treffen. Berset begründete dies damit, dass man sich bewusst sei, wie stark diese Einschränkung das Privatleben tangiert. Die Lockerung diene «auch der Akzeptanz der Massnahmen, hoffen wir», so der Gesundheitsminister.
Nächste Entscheide erst am 14. April
Die Aussenbereiche von Restaurants bleiben derweil weiterhin zu. Und auch Veranstaltungen sind weiterhin nicht möglich, egal ob sie draussen oder drinnen stattfinden. Zudem müssen sich die Studierenden gedulden: An Hochschulen herrscht weiter Fernunterricht. Am 14. April will der Bundesrat die Situation das nächste Mal beurteilen. Ein nächster Öffnungsschritt wird also frühestens in einem Monat kommen.
Dem Bundesrat sei der Entscheid nicht leichtgefallen, beteuerte Berset. Doch drei von vier Richtwerte, an denen sich der Bund orientiert, seien derzeit nicht erfüllt. Man stehe am Anfang einer möglichen dritten Welle. Die Fallzahlen nehmen wieder zu, die Reproduktionszahl liegt mit 1,14 deutlich über dem Richtwert von 1, die Positivitätsrate bei den Tests liegt im 7-Tage-Schnitt über 5 Prozent. Die Taskforce rechnet mit einer Verdopplung der Fallzahlen alle drei bis vier Wochen. Nur die Auslastung der Intensivbetten ist im grünen Bereich.
Noch nicht genügend Personen geimpft
Der Bundesrat will verhindern, dass auf Lockerungen bereits nach kurzer Zeit wieder Verschärfungen folgen. Das wäre aus seiner Sicht für die Wirtschaft noch schädlicher. «Wenn die Welle jetzt hochgeht, geht es viel länger, bis wir da wieder rauskommen», machte Berset klar. Zudem, argumentierte Berset, wolle man die Impfkampagne nicht gefährden. Noch seien nicht alle Risikopersonen geimpft, weshalb es zu früh wäre, zu öffnen, sagte er.
Kommt dazu: Die Virusvarianten machen inzwischen mehr als 80 Prozent der Ansteckungen aus. Bisher wusste man, dass sie viel ansteckender sind. Doch nun zeigten Studien, dass sie auch gefährlicher sind. Die britische Variante sei 50 Prozent tödlicher, so Berset.
Der Gesundheitsminister verwies zudem auf das Ausland. Die Nachbarländer der Schweiz müssten die Massnahmen wieder verschärfen. «Das wollen wir verhindern.» Deshalb müsse man nun Vorsicht walten lassen, gerade auch im Hinblick auf die Osterfeiertage. «Wir wollen verhindern, dass Ostern für die Schweiz zu dem wird, was Weihnachten für einige andere Länder war, zum Beispiel Portugal oder Irland», sagte Berset. In diesen Staaten sind die Fallzahlen nach den Feiertagen explodiert.
Richtwerte für neue Verschärfungen
Der Bundesrat sieht aber nicht nur von substantiellen Lockerungen ab, sondern bereitet sich bereits wieder für Verschärfungen vor. Er hat ein 3-Phasen-Modell erarbeitet, das sich am Stand der Impfkampagne orientiert. Je weiter man mit impfen ist, desto höher liegt die Latte für Verschärfungen.
In der ersten der drei Phasen befinden wir uns derzeit. Noch sind nicht alle Risikopersonen geimpft. In der zweiten Phase sind alle Risikopersonen geimpft – dann müssten die Zahlen schon höher sein, damit es zu Verschärfungen kommen würde. Und in der dritten Phase – wenn alle geimpft sind, die das wollen – soll es gar keine Einschränkungen mehr geben, kündigt der Bundesrat an.
Nebst dem Impfen ist derzeit auch das Testen wichtig, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Gesundheitsminister Berset rief die Bevölkerung dazu auf, sich vor einem Treffen mit Freunden oder Familie testen zu lassen. «Machen Sie einen Antigen-Test, bevor Sie sich treffen, er ist verfügbar und gratis.» Anfang April sollten dann auch Selbsttests zum Einsatz kommen. (lha)