Warum die Präsidentenwahl in den USA so kompliziert ist
Alles dreht sich um die magische Zahl 270

Um Präsident in den USA zu werden, braucht es 270 Stimmen. Einfach vom Volk gewählt wird das Oberhaupt nämlich nicht. Kritiker halten das System für veraltet und undemokratisch, doch bisherige Versuche zur Wahlrechtsreform sind gescheitert.
Publiziert: 18.10.2024 um 10:06 Uhr
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Aktualisiert: 18.10.2024 um 10:09 Uhr
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Donald Trump und Kamala Harris liefern sich einen erbitterten Wahlkampf. Beide wollen unbedingt ins Weisse Haus einziehen.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • US-Präsident wird durch das Electoral College gewählt
  • Winner-take-all-System in fast allen Bundesstaaten
  • Kalifornien hat 54 Wahlleute, Wyoming nur 3
  • 270 von 538 Stimmen im Wahlkollegium nötig
  • Versuche zur Wahlrechtsreform scheiterten bisher immer
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AFPAgence France Presse

In den USA wird der Präsident nicht direkt durch die Wähler, sondern durch ein Kollegium von Wahlleuten gewählt, das sogenannte Electoral College. Diese Besonderheit des US-Wahlrechts führt dazu, dass ein Kandidat oder eine Kandidatin ohne eine landesweite Stimmenmehrheit Präsident werden kann.

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Der Gewinner bekommt alles

Dem Kollegium gehören 538 Wahlmänner und Wahlfrauen an. Wie viele Wahlleute ein Bundesstaat vergibt, hängt von seiner Bevölkerungsstärke ab. Die Regel lautet: Jeder Bundesstaat hat so viele Wahlleute wie Abgeordnete (abhängig von der Bevölkerungsgrösse) sowie Senatoren und Senatorinnen (immer zwei pro Bundesstaat) im US-Kongress zusammengenommen.

Der bevölkerungsreichste Bundesstaat Kalifornien hat 54 Wahlleute, die Bundesstaaten mit der kleinsten Bevölkerung und der Hauptstadtbezirk Washington, D.C. haben jeweils drei. Jede Partei sucht vor der Wahl ihre eigenen Wahlleute aus.

In fast allen Bundesstaaten gilt die Alles-oder-nichts-Regel (Winner-take-all system): Sämtliche Wahlleute gehen an die Kandidatin oder den Kandidaten, die respektive der in diesem Staat die Mehrheit errungen hat – egal, wie knapp die Mehrheit ist. Ausnahmen machen nur Maine und Nebraska, wo die Wahlleute aufgeteilt werden.

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Nicht jede Stimme zählt gleich viel

Dass jeder Bundesstaat zwei Senatoren oder Senatoren und damit per se schon einmal zwei Wahlleute hat, führt dazu, dass die Staaten mit geringer Bevölkerungsdichte im Wahlkollegium verhältnismässig stärker vertreten sind. So hat etwa Wyoming drei Wahlleute, die je rund 194'000 Einwohnerinnen repräsentieren – die 54 kalifornischen Wahlleute repräsentieren hingegen jeweils rund 720'000 Einwohner.

Dies sowie die Winner-take-all-Regel können dazu führen, dass ein Präsident oder eine Präsidentin mit einer Mehrheit im Electoral College gewählt wird, ohne insgesamt die meisten Wählerstimmen (Popular vote) auf sich vereint zu haben. In der US-Geschichte geschah dies bislang fünf Mal, zuletzt 2016: Die Demokratin Hillary Clinton (76) gewann zwar landesweit fast 2,9 Millionen Stimmen mehr als Donald Trump (78), der Republikaner erreichte aber die Mehrheit im Wahlkollegium.

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Die magische Zahl 270

Für den Einzug ins Weisse Haus sind mindestens 270 der 538 Stimmen im Wahlkollegium erforderlich. Der scheidende Amtsinhaber Joe Biden (81) kam 2020 auf 306 Wahlleute gegenüber 232 für den damaligen Präsidenten Donald Trump. 2016 war es genau umgekehrt: Trump errang mit 306 Wahlleuten den Sieg über Hillary Clinton mit 232 Wahlleuten.

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Untreue Wahlleute die Ausnahme

Die US-Verfassung schreibt den Wahlleuten keineswegs vor, entsprechend dem Wahlausgang in ihrem jeweiligen Bundesstaat abzustimmen. Es gibt allerdings viele Bundesstaaten, die ihre Wahlmänner und -frauen dazu verpflichten. Bei einem Verstoss kann sogenannten untreuen Wahlleuten eine Geldstrafe drohen.

In der Vergangenheit haben Wahlleute mit überwältigender Mehrheit so abgestimmt, wie es von ihnen erwartet wurde. Den Ausgang einer Präsidentschaftswahl haben die wenigen Abweichler bisher noch nie verändert.

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Im 18. Jahrhundert ersonnen

Festgelegt wurde das Wahlkollegium in der US-Verfassung des Jahres 1787. Die Verfassungsväter sahen in dem System einen Kompromiss zwischen einer direkten Wahl des Präsidenten durch das Volk und einer Wahl durch den Kongress – weder das Volk noch der Kongress sollte die alleinige Macht haben, den Präsidenten zu wählen.

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Versuche zur Wahlrechtsreform gescheitert

Viele Kritikerinnen und Kritiker halten das Wahlsystem für veraltet und undemokratisch, und das nicht erst seit der Wahl 2016. Befürworterinnen und Befürworter sehen darin hingegen eine Stärkung der föderalen Verfasstheit der Vereinigten Staaten, die kleinere Bundesstaaten schützt. Versuche einer umfassenden Wahlrechtsreform sind stets gescheitert. Der bisher aussichtsreichste Anlauf zur Abschaffung des Electoral College wurde 1969 unternommen, verfehlte aber am Ende im US-Senat knapp die nötige Mehrheit.

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