Zwei Monate lang kämpfte Wali (40) in der Ukraine. Der Kanadier war bereits im Irak und Afghanistan im Einsatz und machte durch die Tötung eines IS-Terroristen aus 3,4 Kilometer Entfernung Schlagzeilen. Sein Können als Scharfschütze stellte er auch gegen Russland unter Beweis.
Mittlerweile ist Wali zurück in Kanada bei seiner Familie. Grund dafür soll unter anderem sein, dass die Einheit des Kanadiers von einem russischen Panzer angegriffen wurde, wie der «Stern» berichtet. Ein anderer kanadischer Scharfschütze mit dem Codewort Shadow kämpft weiterhin gegen Russland.
«Jeden Tag sterben Freunde»
Wali und Shadow waren in der Ukraine als Team unterwegs, zuerst in Kiew und dann im Donbass. Dabei war Shadow der Begleiter von Wali. Er trug einen Teil der Ausrüstung und beobachtete die Gegend ausserhalb des kleinen Fokus des Scharfschützen.
Etliche Male entkam das kanadische Duo nur knapp dem Tod. Der Donbass sei die «Hölle», erklärte Shadow in einem Interview mit dem Sender «CBC/Radio-Canada». «Jeden Tag gibt es Verluste, jeden Tag sterben Freunde – Tag für Tag.» Oft bestand die morgendliche Aufgabe darin, die Toten der nächtlichen Patrouille aufzusammeln.
Ukrainer rettete den Kanadiern das Leben
Vor allem zwei Einsätze sind Shadow geblieben. Einmal wollten die beiden Kanadier in einem Kiewer Wohnblock Stellung beziehen. Kaum hatten sie sich dort eingerichtet, wurden sie von Russen entdeckt. Nur wenige Augenblicke später flog eine Panzergranate in ihre Richtung. Diese detonierte allerdings in der Wohnung nebenan.
Auf die Granate folgte heftiger Beschuss von Maschinengewehren. Die Scharfschützen beschlossen, aus der Wohnung zu flüchten. Schliesslich wurden sie von einem Ukrainer gerettet, der mit einem tragbaren Raketenwerfer auf die Russen schoss und so eine Flucht ermöglichte. «Wir sind um unser Leben gelaufen», erinnert sich Shadow.
«Es war es wie im Zweiten Weltkrieg»
Die Einheit der Kanadier sprang in einen Transporter und fuhr davon. Da es keinen Platz mehr hatte, musste sich Shadow an zwei Kopfstützen festhalten, während die Tür hinter ihm noch offen war. «Wenn ich losgelassen hätte, wäre es das gewesen», ist sich der Scharfschütze sicher. «Der Typ auf dem Beifahrersitz feuerte die ganze Zeit auf die Russen.»
Im Donbass sei es laut Shadow noch schlimmer gewesen. «Es war es wie im Zweiten Weltkrieg. Regen, Schlamm, Gräben.» Einmal sassen die Kanadier gemeinsam mit zwei Ukrainern in einem Schützengraben, als diese sich eine Zigarette anzündeten. Wali habe die beiden Männern davor gewarnt, weil dadurch die Russen sie aufspüren könnten. Doch die Ukrainer ignorierten die Warnung.
Shadow fordert Westen zum Handeln auf
Nur Sekunden später gab es eine riesige Explosion. «Ich fiel zurück in den Graben, auf den Rücken. Wie in diesen Filmen», erinnert sich Shadow. Ein Ukrainer war sofort tot, der andere atmete noch, hatte aber keine Beine mehr. «Wir hatten noch Augenkontakt. Ich habe ihn angesehen, er hat mich angesehen. Dann fiel sein Kopf auf die rechte Seite und sein Körper krümmte sich zusammen. So starb er.»
Trotz der schrecklichen Dinge, die Shadow in der Ukraine bereits erleben musste, will er weiterkämpfen. Auch wenn sein Partner Wali nun nicht mehr an seiner Seite ist. Für den Westen findet der Kanadier klare Worte: «Wenn die Nato eingeschritten wäre, wäre der Krieg in einer Woche zu Ende gewesen. Wir brauchen Truppen in der Ukraine, keine Gebete.» (obf)