Da kommt man nach drei Wochen Auszeit zurück im Alltag an – und die ganze amerikanische Politikwelt steht kopf. Das Attentat auf den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump (78), die Nominierung seines Vizekandidaten J.D. Vance (39) – und dann ist da auch noch das demokratische Erdbeben rund um den Rückzieher von US-Präsident Joe Biden (81). Er hat es eingesehen: Er ist zu alt für eine weitere Amtszeit, seine Vizepräsidentin Kamala Harris (59) soll an seiner Stelle die offizielle Präsidentschaftskandidatin der Demokraten sein.
Die jetzige Vizepräsidentin sieht sich nun selbst mit der Frage konfrontiert, wen sie für dieses Rennen zum «Running Mate» ernennen möchte. Besonders drei Personen aus der amerikanischen Politik stechen dabei heraus.
Drei Politiker stehen zur Auswahl
Als Erstes ist da der Gouverneur von Pennsylvania, Josh Shapiro (51). Er ist in seinem Bundesstaat, einem der hart umkämpften «Swing States», äusserst beliebt. Neueste Umfragen vom Emerson College zeigen, dass 49 Prozent der Einwohner von Pennsylvania Shapiro schätzen – sogar 22 Prozent der befragten Republikaner mögen den Politiker.
Ein weiterer Kandidat ist Mark Kelly (60), US-Senator aus Arizona. Der frühere Astronaut und Navy-Kampfpilot nimmt kein Blatt vor den Mund. Er kritisierte auch die Politik Bidens. Damit machte er sich zwar unter den Demokraten nicht nur Freunde, aber: Dadurch könnte er vor allem für konservative und unentschlossene Wähler interessant sein.
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Last, but not least, steht Tim Walz (60) im Fokus der Demokraten, wie die «New York Times» berichtet. Er ist ein gestandener Politiker – zwölf Jahre war er im US-Kongress tätig, seit 2018 ist er Gouverneur von Minnesota. Zwar ist er für seine linken Meinungen bekannt, allerdings gewinnt er durch seine ruhige und neutrale Art sowie seine religiösen Überzeugungen bei Konservativen an Sympathie.
Die drei Herren haben einige Gemeinsamkeiten, allen voran: Sie sind allesamt (ältere) weisse Männer mit einem konservativen Touch. Im ersten Moment mag es verwirren, dass sich die als sehr links angesehene Harris so jemanden an ihrer Seite wünscht.
Warum will Harris einen alten weissen Mann?
Mein Kollege Guido Felder suchte nach einer Antwort auf diese Frage. Vinz Koller (61), ehemaliger Wahlmann für die Demokraten, erklärte es ihm: «Es geht hier vor allem darum, dass die Person einen gewissen Ausgleich schaffen kann. Kamala Harris ist als extrem links verschrien. Daher wird nach einem Kandidaten gesucht, der eher rechts angesiedelt ist.»
Ein weiterer wichtiger Punkt: Der Vizepräsident sollte bestenfalls aus einem der hart umkämpften Swing States kommen – um dort einen Heimvorteil zu haben. Daher bieten sich auf den ersten Blick vor allem Kelly oder Shapiro als Kandidaten an. Die US-Bundesstaaten Pennsylvania und Arizona sind hart umkämpft, Minnesota dagegen eher weniger.
Doch so kurz vor den Wahlen (es sind nur noch 14 Wochen!) hat der Vizepräsident noch ganz andere Aufgaben – und da kommt Walz ins Spiel. Die Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten sollen als Kampfhunde fungieren – eine Rolle, für die nach Ansicht von Politikberatern weder Kelly noch Shapiro besonders gut gerüstet sind.
Walz nimmt diese Aufgabe bereits ungefragt an, ein fröhlicher Kämpfer, der im Fernsehen leicht und beschwingt bleibt. Vergangene Woche nannte er Trump und Vance in einem Interview «merkwürdig» – einen Ausdruck, den die demokratische Wahlkampagne sofort übernahm. Ein Zeichen dafür, dass auch sie Walz im Blick haben? Es wird sich zeigen.