Nach dem Attentat vom 13. Juli priesen seine frommen Anhänger Donald Trump (78) als ein von Gott Gesandten. Nun verkündet er ihnen eine frohe Botschaft: Bis in vier Jahren werde alles gut werden, sagte er. «Ihr werdet nicht mehr wählen müssen, meine wunderbaren Christen.»
Trump wurde als Presbyterianer – ein Zweig der reformierten Kirchen – getauft, bezeichnet sich aber seit 2020 als nicht konfessionsgebundenen Christ. Er konzentriert sich im Wahlkampf zurzeit stark auf die Gläubigen, denen er den Himmel auf Erden verspricht, wenn sie ihm ihre Stimme geben.
Da stellt sich die Frage: Wie fromm würden die USA unter ihm als Präsident?
Generell könnte Trump Gesetze aufgleisen, die christliche Werte unterstützen: mehr Rechte für religiöse Institutionen, Stärkung der Religion an den Schulen, mehr finanzielle Unterstützung religiöser Institutionen, Stärkung der Religionsfreiheit.
Konservative Richter eingesetzt
Zu seinem Programm hatte Trump bereits zwischen 2017 und 2021 die Pflöcke eingeschlagen. USA-Experte Philipp Adorf von der Uni Bonn (D) erklärt: «In seiner Amtszeit als Präsident konnte Trump vor allem durch die Besetzung der Gerichte mit erzkonservativen Richtern die Wünsche des christlich-konservativen Lagers zufriedenstellen.»
Auch der von seinem Vorgänger Barack Obama (62) erstmalig eingeführte Schutz von sexuellen Minderheiten hatte Trump in einigen Bereichen aufgehoben. «So ist es heute erheblich einfacher, sexuelle Minderheiten zu diskriminieren», sagt Experte Adorf. «Man argumentiert mit der Religionsfreiheit, dass die eigene Religion gewisse Dienstleistungen wie etwa gleichgeschlechtliche Hochzeiten verbiete.»
Ausweichen bei der Abtreibung
In der Abtreibungsfrage ist Trump allerdings zurückhaltender geworden. Er spricht sich inzwischen nicht mehr gegen ein nationales Verbot aus, sondern will die Frage den Bundesstaaten überlassen. Dieser Schwenker ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Republikaner bei den Zwischenwahlen 2022 die Erwartungen nicht erfüllen konnten.
Trump schrieb damals auf seiner Plattform Truth Social: «Viele Republikaner haben wegen der Abtreibungsfrage, die sie schlecht handhabten, viele Wähler verloren. Das gilt vor allem für jene, die darauf bestanden haben, dass es keine Ausnahmen geben dürfe – nicht einmal im Falle von Vergewaltigung, Inzest oder Lebensgefahr der Mutter.»
Das frei werdende Thema hat sich die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris (59) unter den Nagel gerissen. Sie fordert klar die Möglichkeit zum Schwangerschaftsabbruch. Adorf: «Dies motiviert einerseits die eigene demokratische Basis, spricht andererseits aber auch Wechselwähler an.»
Weniger Gläubige
Der Experte meint: «Trumps Fokussierung auf die Christen ist ein riskantes Spiel.» In Amerika hat sich der Anteil von Nichtgläubigen seit 2007 auf fast 30 Prozent verdoppelt. Auch in Fragen wie Abtreibung oder gleichgeschlechtlicher Ehe entfernen sich immer mehr Amerikaner von den Evangelikalen.
Adorf: «Das heisst, eine Fokussierung auf christlich-konservative Wähler dient fast nur der Motivierung des eigenen Lagers, an Wahlen teilzunehmen, ohne dass über die Stammwählerschaft hinaus Personen angesprochen werden.»
Mehr Macht
Um seine Gesetze einfacher umsetzen zu können, will Trump das Weisse Haus umstrukturieren und sich mehr Macht zuschanzen. Das inoffizielle, aber mit der Trump-Kampagne verbundene «Project 2025» sieht vor, die Ministerien direkt unter die Kontrolle des Präsidenten zu stellen. Zehntausende Bundesangestellte könnten entlassen werden, wenn sie gegenüber dem Präsidenten zu wenig loyal sind.
Trump selber will unabhängige Regulierungsbehörden dem Weissen Haus unterstellen und das Justizministerium nutzen, um gegen seine politischen Gegner vorzugehen.
Laut Adorf hat Trump als Präsident deutlich häufiger die politischen Ziele des weissen evangelikalen Lagers umgesetzt als seine republikanischen Vorgänger. Adorf: «In einer zweiten Amtszeit würde dieser Prozess fortgeführt in einem Ausmass, dass die weissen Evangelikalen in vier Jahren laut Trump eben ‹nicht mehr wählen› gehen müssen.»