Nashville, USA: Vor der Belmont University zeigen sich am Donnerstagnachmittag zahlreiche Anhänger beider politischer Lager, schwenken Fahnen und stimmen Sprechchöre an. «Trump ist ein Rassist, er muss jetzt weg!», schreit Madeline Lederman ins BLICK-Mikrofon. Direkt neben ihr steht Bryce Kirk, er trägt stolz eine Trump-Mütze: «Mein Leben ist unter dem US-Präsidenten besser geworden», sagt er nüchtern. Sie alle haben etwas gemeinsam: Die Hoffnung auf eine weniger chaotische Debatte als vor drei Wochen.
Wenige Stunden später, 20 Uhr Ortszeit: Showdown! US-Präsident Donald Trump (74) und sein Herausforderer Joe Biden (77) betreten die Bühne. Sie liefern sich in der zweiten und letzten TV-Debatte vor den Präsidentschaftswahlen am 3. November ein heisses Duell. BLICK zeigt die wichtigsten 5 Punkte des Polit-Spektakels:
1. Ausgewechselter Trump: unaufgeregt, ruhig, meist sachlich
Der US-Präsident zeigt ein komplett anderes Bild von sich, zieht seine nüchterne Strategie 90 Minuten lang durch! Trump beleidigt seinen Gegner Joe Biden nicht ein einziges Mal. Auch der Demokrat hält sich mit Spitznamen wie «Clown» diesmal zurück. Doch Biden ist es, der aggressiv beginnt und auf den Mann spielt. Trump indes bleibt höflich, schafft aber trotzdem immer wieder den Sprung in die Offensive. Der US-Präsident wirft Fragen über Bidens politische Vergangenheit auf, streut Zweifel über seinen Leistungsausweis.
Trump lobt sich aber auch in gewohnter Manier, ohne faktentreu zu sein: «Kein anderer Präsident, mit Ausnahme von Abraham Lincoln, hat so viel für die Afroamerikaner getan wie ich», sagt er. Oder: «Ich habe einen Krieg mit Nordkorea verhindert, wahrscheinlich wäre es ein nuklearer Konflikt geworden. Ohne meinen Dialog mit Kim Jong Un wären Millionen Menschen gestorben.» Oder: «Die Pandemie wird schon sehr bald zu Ende sein. Immer mehr Menschen geht es besser.»
Die neuen Regeln zeigen am Donnerstagabend definitiv ihre Wirkung. Die Verantwortlichen der Präsidentschaftsdebatten haben die Mikrofone beider Kandidaten bei Beginn jedes Themenblocks abwechselnd für zwei Minuten stumm geschaltet. Und tatsächlich: Weder Trump noch Biden unterbrechen ihr Gegenüber. Auch die jeweils anschliessende Diskussion ist überraschend zivilisiert. Die Inhalte stehen im Vordergrund – welch Kontrast zur ersten TV-Debatte.
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2. Solider Biden: Wenig Risiko, ein Hitler-Vergleich
Joe Biden ist zwar relativ aggressiv in die Debatte gestartet, hat sich aber mit Fortdauer des Duells mit angriffigen Worten zurückgehalten. Der Demokrat zeigt sich inhaltlich sattelfest – wie man es von ihm gewohnt ist. Vor allem beim Corona- und Rassismus-Themenblock kann er glänzen. Als es um die sozialen Unruhen geht, zeigt sich Biden einfühlsam, gleichzeitig aber auch klipp und klar: «Es ist eine Tatsache, dass es in den USA strukturellen Rassismus gibt», sagt er. Auffällig: Biden vermeidet jegliches Risiko, wiederholt oft seine Argumente. Das war die erwartete Strategie: Der Herausforderer liegt in den Umfragen klar in Führung.
Nur einmal sorgt Biden für richtig Wirbel: ein Hitler-Vergleich! Als Trump über sein «gutes Verhältnis» mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un und Autokraten anderer Länder spricht, entgegnet Biden: «Und wir hatten ein gutes Verhältnis zu Hitler, bevor er in Europa einfiel.» Biden meint, Trumps Kurs gegenüber autoritären Herrschern sei zu weich und eine Gefahr für den internationalen Frieden. Ob der Hitler-Vergleich gut ankommt? In sozialen Netzwerken wird darüber gestritten.
3. Corona-Pandemie: Trump übernimmt erstmals Verantwortung
Covid-19 bleibt das grösste Thema in diesem Wahlkampf. Viel wurde über Trumps Politik bereits gestritten, doch am Donnerstagabend gibt es eine Premiere: Der US-Präsident übernimmt Verantwortung in der Corona-Krise, die in Amerika über 220'000 Menschenleben gekostet hat. «Ich übernehme volle Verantwortung», so der Republikaner. Bislang hat er stets jegliche Kritik abgewiesen und sich wiederholt die Top-Note (A+) gegeben. Doch Trump stellt auch klar: «Es ist nicht meine Schuld, dass es hierhin gekommen ist. Es ist Chinas Schuld.» Seine eigene Covid-Erkrankung ist überraschenderweise kein Thema.
Kommentar zur TV-Debatte
Biden trumpft bei diesem Themenblock so richtig auf, landet einige Punkte. «Niemand, der für so viele Todesfälle verantwortlich ist, darf Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bleiben», sagt er. Der Demokrat meint, etwa 100'000 Menschenleben hätten gerettet werden können. In der Folge führt er seinen eigenen Corona-Plan detailliert aus: Als Präsident würde er alle Menschen dazu anhalten, eine Maske zu tragen. Auch würde er in Schnelltests investieren und nationale Standards zur Öffnung von Schulen und Unternehmen festlegen. Zuletzt zieht Biden den Kontrast zu seinem Gegner: «Wir werden durch einen dunklen Winter gehen – und er hat keinen Plan».
4. Trumps Attacken: Bidens Familie im Fokus
Der US-Präsident versucht wiederholt, das Bild eines korrupten Joe Bidens zu zeichnen. In beinahe regelmässigen Abständen wirft Trump Vorwürfe auf, dass Bidens Sohn Hunter zweifelhafte Geschäft in der Ukraine gemacht habe – und dass Biden, damals Vizepräsident, angeblich davon profitiert habe. Dazu erwähnt er auch kürzlich publizierte E-Mails, die beweisen, dass Joe und Hunter Biden in schmutzige Geschäfte verwickelt sind. Ehemalige US-Geheimdienstler vermuten dahinter allerdings eine Wahlkampfeinmischung Russlands.
Joe Biden bleibt ruhig. Experten und Medien hätten die Vorwürfe geprüft, «und sie haben weder Hinweise noch Beweise gefunden, dass diese Anschuldigungen stimmen». Dann geht er selbst in den Angriff über: «Ich habe niemals in meinem Leben einen Penny von einer ausländischen Quelle angenommen.» Anders als Trump, der als Geschäftsmann wohl Millionen den Russen und Chinesen schulde. Fakt ist auch hier: Bewiesen ist nichts, allerdings legen kürzlich erschienene Enthüllungsberichte der «New York Times» nahe, dass Trump im Ausland in der Kreide steht.
5. Reizthemen: Fracking und Klimawandel
Die umstrittene Ölfördertechnik Fracking hat Donald Trump längst zu einem Wahlkampfthema gemacht. Mit Blick auf die Stimmen im besonders hart umkämpften US-Staat Pennsylvania wirft er Biden vor, sich gegen Fracking zu stellen. «Er ist gegen Fracking», so Trump. Sein Gegner habe das in der Vergangenheit gesagt – «und es ist auf Video!» Der Angriff zeigt Wirkung: Biden stellt seine Stellung gegen die Ölfördertechnik klar: Er sei zwar dagegen, neue Genehmigungen für Fracking-Projekte auf bundeseigenem Land zu erteilen. Bei bestehenden Projekten werde es aber darauf ankommen, Emissionen aus dieser Art der Förderung einzufangen. «Dafür muss in zusätzliche Technik investiert werden», so Biden.
Als es um den Klimawandel geht, stimmt Trump ein Loblied auf seine Regierung an. Er habe eine hervorragende Umweltbilanz, die Gewässer in Amerika seien so sauber wie nie zuvor. Dann spielt er die Wirtschaftskarte aus: Biden würde mit der Abkehr von fossilen Brennstoffen der Ökonomie schaden: «Wenn Sie die Wirtschaft kaputt machen wollen, müssen Sie die Ölindustrie abschaffen.» Biden erwidert: «Wir können wachsen und sauberer sein, wenn wir den Weg gehen, den ich vorschlage.» Der Demokrat gibt ein grosses Versprechen ab: 18,6 Millionen neue Jobs, ein Programm, um Häuser energieeffizienter zu machen und 50'000 Ladestationen für Elektroautos an amerikanischen Highways.
Am 3. November 2020 fanden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Donald Trump konnte sein Amt nicht verteidigen. Herausforderer Joe Biden hat die Wahl für sich entschieden.
Alle aktuellen Entwicklungen zu den Wahlen und Kandidaten gibt es immer im Newsticker, und alle Artikel zum Thema finden Sie hier auf der US-Wahlen-Seite.
Am 3. November 2020 fanden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Donald Trump konnte sein Amt nicht verteidigen. Herausforderer Joe Biden hat die Wahl für sich entschieden.
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