24 Jahre jung, 168 Zentimeter klein und ein grosses Lebensziel: Alex Wyckoff will US-Präsident werden! Diesem Bubentraum ordnet der Amerikaner mit asiatischen Wurzeln alles unter: Anstelle von Partys feiert Wyckoff im College seinen Abschluss nach gut zwei statt vier Jahren. Nebenbei arbeitet er für die Präsidentschaftskampagne von Bernie Sanders (78), später für jene von Hillary Clinton (72). Und Wyckoff ist auch Analyst für Kamala Harris (55), als sich die heutige Vize-Kandidatin 2016 für den US-Senat bewirbt.
Es ist ein typisch schwüler Sommertag in San Diego, als SonntagsBlick Alex Wyckoff zum Interview trifft. Das aufstrebende Polit-Talent erscheint trotzdem mit Hemd und Krawatte. Sommerferien kennt der 24-Jährige, der gerade seinen Master an der renommierten University of California absolviert, nur vom Hörensagen. «Die Wahlen stehen ja vor der Tür», sagt Wyckoff fast schon entschuldigend. Er arbeitete für Todd Gloria (42), damit der Bürgermeister von San Diego endlich wieder ein Demokrat wird. Nebenbei greife er auch Scott Peters (62) unter die Arme, der für die Partei nach Washington in den US-Kongress möchte.
Und Alex Wyckoff selbst? «Ich sammle wichtige Erfahrungen, treffe so interessante Menschen.» Alles für seinen grossen Lebenstraum: Oval Office, 1600 Pennsylvania Avenue, Washington D.C.
Wie kommt man auf ein solch verrücktes Berufsziel?
Alex Wyckoff: Inspiration – wie jedes andere Kind auch. Der eine bewundert einen Polizisten, der andere einen Doktor. Ich habe halt einen Präsidenten verehrt.
Welchen?
Barack Obama. Ich war 13 Jahre alt, als er seinen Eid abgelegt hat. Meine Lehrerin hat uns die Amtseinführung 2009 live am Fernsehen gezeigt. Meine Klassenkameraden waren mässig interessiert. Ich aber sass wie paralysiert da, dachte mir, wow, wenn ein Afroamerikaner Champion des amerikanischen Volks werden kann, dann kann ich das auch schaffen.
Warum wollen Sie US-Präsident werden?
Um das Land zu inspirieren, wie Obama damals. Ich bin sehr stolz auf meine asiatischen Wurzeln. Heute sind Menschen meiner Herkunft leider immer noch täglich Rassismus ausgesetzt. Ein US-Präsident, der so aussieht wie ich, würde uns guttun. Alle würden davon profitieren. Und dann gibt es natürlich auch eine Menge Probleme, die ich gerne lösen würde. Die Präsidentschaft ist der beste Weg, um möglichst viel zu beeinflussen.
Genau. Sie wollen einfach möglichst viel Macht. Die linke Identitätspolitik ist Ihr Deckmantel.
Natürlich geht es um Einfluss, aber nicht nur. Kein anderes politisches Amt ist so vielfältig wie jenes des Präsidenten. Man kann viel erreichen. Schauen Sie: Ich bin ehrlich. Die allermeisten Politiker träumen vom Weissen Haus. Nur getraut sich niemand, das öffentlich zu sagen. Es ist mein Bubentraum, dazu stehe ich.
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Ein junger Typ, der nach Einfluss strebt. Klingt gefährlich für eine Demokratie. Was bedeutet Macht für Sie?
Es ist der ultimative Charaktertest. Die derzeitigen Machtverhältnisse sind Grundlage für sämtliche Probleme unseres Landes. Das ist so, weil wir derzeit Politiker in diesen Positionen haben, die ihre Macht nicht für das amerikanische Volk nutzen.
Gemäss Ihren Social-Media-Profilen wollen Sie bereits 2040 Präsident werden. Dann wären Sie 44 Jahre alt. Das ist doch viel zu jung!
Ich bitte Sie! Barack Obama war 46, als er ins Weisse Haus kam. Warum sollte ein Präsident älter sein? Mitte 40 oder Anfang 50 scheint mir der perfekte Zeitpunkt. Dann hat man eine gewisse Erfahrung, aber auch noch die Energie, um vier oder acht Jahre durchzustehen. Haben Sie schon mal Fotos von Obama von 2008 und 2016 verglichen?
Warum meinen Sie?
Er ist in diesen acht Jahren unglaublich gealtert. Das Amt des Präsidenten ist enorm kräftezehrend. Da ist es ein Vorteil, wenn man noch keine 70 ist. Auch bei den Themen ist ein jüngeres Alter erstrebenswert. Nehmen wir den Klimawandel beispielsweise. Dieser betrifft meine Generation viel mehr als jene meiner Eltern. Es ist das wichtigste Thema unseres Lebens. Deshalb sollte es auch von uns gelöst werden.
Im November müssen die Amerikaner aber zwischen zwei Senioren wählen – Donald Trump (74) und Joe Biden (77). Gehen Sie trotzdem an die Urne?
Klar doch! Wir sollten prinzipiell immer abstimmen. Natürlich ist die Auswahl bedauernswert – ich selbst bin ganz und gar nicht begeistert von Joe Biden. Aber die Alternative heisst Donald Trump – der schlimmste US-Präsident in der jüngeren Geschichte.
Was hat seine Wahl vor vier Jahren bei Ihnen ausgelöst?
Trump hat mich nur noch mehr motiviert! Ein fieser Kerl, der sich über einen behinderten Journalisten lustig macht, Frauen gering schätzt und täglich Menschen auf Twitter angreift. Wir Amerikaner haben etwas Besseres verdient! Donald Trump besitzt weder Disziplin noch Professionalität. In jedem anderen Job wäre er längst entlassen worden.
Diese Meinung verwundert nicht. Sie geben sich auf Ihren Plattformen ausgesprochen progressiv ...
... dabei bin ich in einer sehr konservativen Familie aufgewachsen.
Wie wurden Sie dann links?
Die Menschen und ihre Schicksale haben mich aufhorchen lassen. Einer meiner besten Freunde ist in der Grundschule sexuell missbraucht worden. Ein anderer musste für eine lange Zeit ins Gefängnis, weil er einen Joint rauchte. Heute habe ich viele Kollegen, die täglich um ihren Verbleib in den USA zittern müssen – obwohl sie hier aufgewachsen sind! Das sind alles Dinge, wo ich sagen muss: «Das kann doch nicht sein!» Eigentlich sollten das keine linken, sondern schlicht menschliche Anliegen sein. Aber die Konservativen kümmern sich nicht darum.
Sind Sie ein guter Lügner?
Nicht wirklich ... Und ich weiss, worauf Sie abzielen. Sie liegen falsch! Man muss nicht lügen, um politisch erfolgreich zu sein.
Da sind Sie etwas naiv. Donald Trump hat diese Fähigkeit ins Weisse Haus gebracht.
Zum Glück wächst eine neue Generation an, die nicht so denkt. Der Grund dafür, dass viele junge Politiker etwas weiter links stehen, liegt darin, dass wir in dieser Atmosphäre der Unehrlichkeit und Korruption aufgewachsen sind. In unserem Leben sind bereits viele Lügen aufgeflogen. Ich erinnere mich zum Beispiel an die Panama Papers. Meine Generation hat solche Geschichten wirklich satt! Wir werden das anders machen. Besser.
Was wird eigentlich aus Ihnen, wenn es mit dem ganz grossen Wurf nicht klappt? Haben Sie einen Plan B?
Natürlich habe ich den. Aber das muss ich jetzt gar nicht weiter ausführen. Ich bin zuversichtlich, schon bald im Weissen Haus zu sein.