Stephanie Myers (45) stöckelt die Treppe hoch. Für das Interview möchte der Fotograf einige Fotos schiessen – über den Dächern von San Diego. Etwas ausser Atem kommt sie auf der Aussichtsplattform der US-Aussenstelle von SonntagsBlick an. «Eine tolle Aussicht haben die Schweizer», sagt sie lächelnd. Myers ist gut gelaunt. Vor einigen Stunden war ihre Stimmungslage noch eine andere. Die enge Freundin von Donald Trump (74) hat die erste TV-Debatte des US-Präsidenten mit Joe Biden (77) verfolgt, die in ein totales Chaos ausartete. «Trump hat einige Dinge nicht gesagt, die er hätte sagen sollen», meint Myers, während sie sich für den Fotografen aufpeppt. Es sollten die letzten kritischen Worte sein, die sie in der kommenden Stunde über ihr Vorbild verliert.
Einige Stockwerke weiter unten im gekühlten Büro von SonntagsBlick entwickelt sich ein zuweilen hitziges Gespräch über amerikanische Politik und Verschwörungstheorien. Stephanie Myers stellt von Beginn an klar, dass sie in dieser Zeitung als Trump-Aktivistin spricht und nicht ihren Arbeitgeber repräsentiert. Sie arbeitet im Verteidigungsministerium, geht im Pentagon und dem Weissen Haus ein und aus. Den US-Präsidenten hat Myers im Jahr 2005 bei dessen Realtiy-TV-Show «The Apprentice» kennengelernt. Dort kämpfte sie als Teilnehmerin um einen Job in Trumps Familienunternehmen. Doch der damalige Geschäftsmann warf sie nach einigen Folgen mit seinem berühmt-berüchtigten Spruch «You're fired» raus.
SonntagsBlick: Beschreiben Sie bitte den Moment, als Sie Donald Trump zum ersten Mal am Set von «The Apprentice» getroffen haben.
Stephanie Myers: Gott! Es war so surreal, das können Sie sich gar nicht vorstellen. Ich habe in der Highschool das erste Buch von Trump gelesen, ihn mein ganzes Leben lang bewundert. Und plötzlich steht er vor mir. Diesen Augenblick werde ich nie vergessen.
Wie war Trump in der Show?
Ermutigend und sehr nett. Er gab uns allen tolle Ratschläge, machte uns zu besseren Unternehmern. Hinter den Kulissen war er ein Gentleman. Trump hat mich zu jener Person gemacht, die ich heute bin. Er ist mein Mentor.
Obwohl er Sie rausgeworfen hat, sind Sie stets in Kontakt geblieben. Wie kam es dazu?
In dieser Show gab es einige, die etwas draufhatten. Es konnten nicht alle gewinnen. Donald Trump hat mich in seinen Freundeskreis aufgenommen, seiner Familie vorgestellt. Melania ist eine unglaubliche Ehefrau und Mutter. Trump schätzt seine Liebsten sehr. Er ist hingebungsvoll und loyal. Jedes Jahr erhalte ich eine Einladung für die Weihnachtsfeier in Mar-A-Lago, seinem Anwesen in Florida. Dort unterhalten wir uns über Privates und Berufliches. Ich sehe ihn aber auch sonst öfters, weil ich an Initiativen seiner Regierung mitarbeite.
Was tun Sie denn konkret für den Präsidenten?
Ein Beispiel: Trump liegt das Militär am Herzen. Als er gehört hatte, dass Armeeangehörige nach einer Fehldiagnose, die zu einer Verletzung führt, nicht klagen können, wollte er etwas dagegen unternehmen. Also habe ich mit seinem Anwalt Rudy Giuliani eine Initiative ausgearbeitet, die diesen Missstand behebt. Trump war sehr unterstützend und hat den Vorschlag am 20. Dezember 2019 unterzeichnet. Jetzt ist es ein Gesetz.
Sie engagieren sich auch gegen Menschenhandel, der gerade hier in San Diego ein echtes Problem ist.
Genau, die Stadt steht an zweiter Stelle in den USA. Ich bin im Vorstand der Organisation Saved in America. Wir arbeiten zusammen mit den Strafverfolgungsbehörden und suchen nach vermissten Personen, die meisten davon sind Minderjährige. Endlich haben wir einen Präsidenten, der dieses Problem ernst nimmt.
Das sehen seine Kritiker anders. Sie werfen Trump leere Phrasen vor. Geändert habe sich nichts. Und die Zahlen belegen das.
Trump bekämpft den Menschenhandel weltweit. Er hat 2019 eine Durchführungsverordnung erlassen und den kriminellen Banden den Kampf angesagt. Die früheren Regierungen haben rein gar nichts gegen diese menschliche Tragödie unternommen. Und wir wissen auch weshalb: Schauen Sie sich nur die Passagierliste von Jeffrey Epstein an. Das sind alles Demokraten, die jetzt Joe Biden im Wahlkampf unterstützen.
Jetzt bewegen Sie sich in der Welt der Verschwörungstheoretiker von QAnon.
Ich lese gerne, was QAnon veröffentlicht. Sie haben schon viel ans Tageslicht gebracht. Das ist keine Verschwörungstheorie.
QAnon ist eine rechtsextreme Gruppierung, deren Anhänger glauben, dass Demokraten Kinder in unterirdischen Tunnelsystemen missbrauchen und ihr Blut trinken, um ewig zu leben. Trump sei der Retter in der Not. Das FBI stuft die Verfechter dieser Theorie als Terrorgefahr ein. Es wurden auch schon Attentate verübt – in den USA ermordete ein QAnon-Anhänger 2018 elf Muslime in Pittsburgh.
Ich bin nicht beunruhigt. Man könnte ja jede Gruppe als Gefahr einstufen. Und wer hinter QAnon steckt, wissen wir nicht. Es könnte eine Person sein oder aber auch eine weltweite Hackergruppierung. Schauen Sie sich an, wer im Jet von Jeffrey Epstein mitgeflogen ist ... Bill Clinton zum Beispiel. Deshalb haben die Präsidenten vor Trump nie etwas gegen den Menschenhandel unternommen.
Fakt ist: Es gibt weder ein laufendes Strafverfahren noch stichhaltige Hinweise, dass Demokraten in diesen Fall involviert sind. Das Gleiche gilt übrigens für Trump. Sie lassen nämlich aus, dass auch Ihr Mentor eine Beziehung zu Epstein pflegte, wie Videos und Fotos belegen.
Sie würden sich wundern, mit wem ich in Washington alles über QAnon spreche. Da sind hochrangige Regierungsmitarbeiter dabei, die sich dafür interessieren.
Sie entlarven die Trump-Regierung doch gleich selbst. Sogar die Republikaner bezeichnen QAnon als «gefährliche Verschwörungstheorie».
Ich sage nur, dass wir das Ganze im Auge behalten werden.
Zurück zur Realität: Trump polarisiert als Präsident sehr – die einen lieben, die anderen hassen ihn. Wie kommt das?
So umstritten ist er doch gar nicht, es gibt eine grosse schweigende Mehrheit. Das wird man bei den Wahlen sehen. Ich persönlich habe noch nie beobachtet, dass Trump jemanden schlecht behandelte. Viele Dinge werden aus dem Zusammenhang gerissen. Meine Mutter kam aus Mexiko. Ich kann Ihnen also sagen: Trump ist kein Rassist.
Ob Rassist oder nicht, Fakt ist: Trump hat fremdenfeindliche Äusserungen gemacht, was jeder nachschauen kann. Er bezeichnete Mexikaner als «Vergewaltiger» und sagte, dass der Islam Amerika hasse. Stört Sie das überhaupt nicht?
Na ja, jeder kann sich wegen allem beleidigt fühlen. Er hat eine Gefängnisreform durchgebracht, das hatte keiner für möglich gehalten. Den Minderheiten – Afroamerikaner, Latinos, Asiaten – ging es noch nie so gut wie unter Trump. Die Arbeitslosigkeit sank für sie vor der Pandemie auf ein Rekordtief. Und das wird sich für Trump auszahlen. Schwarze und Latinos unterstützen ihn.
Moment, das ist faktisch wieder nicht korrekt. Afroamerikaner und Latinos wählen überwiegend die Demokratische Partei.
Je nachdem, welche Umfrage Sie sich ansehen. Sowohl die Stimmen der Schwarzen als auch der Latinos werden in diesem Jahr an Trump gehen.
Sie träumen. Vor vier Jahren haben 66 Prozent der Latinos Hillary Clinton gewählt. Bei den Afroamerikanern waren es 89 Prozent.
Wir haben grosse schwarze Persönlichkeiten, die den Präsidenten unterstützen. Sie haben eine riesige Anhängerschaft. Warten Sie einfach ab und schauen Sie zu. Ich bin überzeugt, dass es eine grosse schweigende Mehrheit gibt.
Am 3. November 2020 finden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Für die Demokraten wird Joe Biden (77) den Republikaner Donald Trump (74) herausfordern. SonntagsBlick interviewt in einer losen US-Wahl-Serie Menschen aus allen Landesteilen und politischen Hintergründen – Politiker, Aktivisten und Wähler.
Bisher erschienen
Jungpolitiker Alex Wyckoff: «Ich will 2040 US-Präsident werden»
Auslandschweizer Michael Böhm aus Florida: «Darum wähle ich Donald Trump»
Stephanie Myers arbeitet für den US-Präsidenten: «Donald Trump hat keine Schwächen»
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Zurück zum Anfang: Sie haben Trump 2005 kennengelernt. Hat er sich verändert, seit er im Weissen Haus ist?
Er ist derselbe geblieben. Die Leute schauen ihn vielleicht anders an, aber Donald ist sich selber treu geblieben. Er hätte das alles ja nicht tun müssen, er war ein erfolgreicher Geschäftsmann. Jetzt muss er mitansehen, wie seine Familie in den Medien attackiert wird. Das schmerzt ihn sehr.
Er hätte tatsächlich seinen Ruhestand geniessen können. Warum will Trump Präsident sein?
Weil er sich um unser Land sorgt. Trump kümmert sich um die Menschen. Er sorgt sich um das Militär, die Gesundheitsfürsorge und so weiter. Die Menschen vergessen, dass Trump ohne Gehalt arbeitet. Sein Unternehmen verdient weniger, weil er Präsident der Vereinigten Staaten ist.
Wir haben jetzt rund eine Stunde gesprochen und Sie haben kein einziges kritisches Wort über Trump gesagt. Hat er in Ihren Augen denn auch eine Schwäche?
Es gibt nichts Negatives, er hat keine Schwächen. Donald Trump ist mein Vorbild. Er macht mich tagtäglich zu einem besseren Menschen.
Am 3. November 2020 fanden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Donald Trump konnte sein Amt nicht verteidigen. Herausforderer Joe Biden hat die Wahl für sich entschieden.
Alle aktuellen Entwicklungen zu den Wahlen und Kandidaten gibt es immer im Newsticker, und alle Artikel zum Thema finden Sie hier auf der US-Wahlen-Seite.
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