Auf einen Blick
- USA fordert schmerzhafte Zugeständnisse der Ukraine für Kriegsende mit Russland
- Europäer sollen Hauptlast der Ukraine-Unterstützung tragen, ohne US-Truppen
- Russland kontrolliert derzeit knapp ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets
Die US-Regierung von Präsident Donald Trump (78) hat erstmals detailliert dargelegt, wie sie sich ein Ende von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine vorstellt. Die Amerikaner halten dabei schmerzhafte Zugeständnisse Kiews für unausweichlich – unter anderem den Verzicht auf einen Nato-Beitritt. Ausserdem sehen die USA die Europäer weitgehend alleine in der Pflicht, die Ukraine zu unterstützen und einen Frieden militärisch abzusichern – ohne amerikanische Truppen.
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth (44) präsentierte die Vorstellungen bei einem Ukraine-Treffen in Brüssel, bei dem eigentlich Waffenlieferungen für Kiew koordiniert werden sollten. Er bestätigte damit düstere Vorahnungen der Ukrainer und Europäer.
Die Botschaft der USA an die Ukraine
Noch im vergangenen Jahr hatte die Nato der Ukraine bei einem Gipfel in Washington zugesichert, ihr Pfad zur Mitgliedschaft sei unumkehrbar. Trumps Regierung sieht dies allerdings ganz anders. «Die Vereinigten Staaten glauben nicht, dass eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine ein realistisches Ergebnis einer Verhandlungslösung ist», sagte Hegseth.
Auch die Rückkehr zu den ukrainischen Grenzen vor 2014 ist demnach aus US-Sicht unrealistisch. «Dieses illusorische Ziel zu verfolgen, wird den Krieg nur verlängern und mehr Leid verursachen», sagte er.
Die Ukraine verteidigt sich seit knapp drei Jahren mit westlicher Hilfe gegen die russische Invasion. Die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim hatte Russland bereits 2014 annektiert. Derzeit kontrolliert Russland knapp ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets.
«Keine US-Truppen in der Ukraine»
Die USA sind auch nicht bereit, Soldaten bereitzustellen, um eine Friedenslösung abzusichern. «Ein dauerhafter Frieden für die Ukraine muss solide Sicherheitsgarantien beinhalten, um sicherzustellen, dass der Krieg nicht wieder aufflammt», sagte Hegseth. Für solche Sicherheitsgarantien müssten aber europäische und andere Truppen eingesetzt werden. «Es werden keine US-Truppen in die Ukraine geschickt.» Einen Nato-Einsatz schloss er aus.
Trumps Regierung bekennt sich zum transatlantischen Militärbündnis, fordert aber eine andere Lastenteilung unter den Mitgliedern. «Die Vereinigten Staaten bleiben dem Nato-Bündnis und der Verteidigungspartnerschaft mit Europa verpflichtet – ohne Wenn und Aber», betonte Hegseth. «Aber die Vereinigten Staaten werden nicht länger ein unausgewogenes Verhältnis tolerieren.» Die Nato-Partner müssten deutlich mehr in ihre Verteidigung investieren.
Und: Die europäischen Verbündeten müssten die Verantwortung für die Sicherheit auf ihrem Kontinent übernehmen. Hegseth kündigte an, Europa müsse künftig den überwiegenden Teil der militärischen Hilfen für die Ukraine stemmen. Die USA hätten sich auf andere Bedrohungen und Herausforderungen zu konzentrieren - etwa darauf, die eigenen Grenzen zu sichern und einen Krieg mit China zu verhindern.
Was bedeutet das für die Ukraine?
Für die Ukraine sind die Aussagen von Hegseth ein herber Rückschlag, der sich allerdings seit längerem angedeutet hat. Kiew hat zwar nie offiziell das Ziel der Rückholung aller von Russland kontrollierten Gebiete aufgegeben, aber zuletzt rückten der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski und sein Team mehr und mehr eine diplomatische statt militärische Lösung des Konflikts in den Vordergrund. Ein faktischer, aber juristisch nicht anerkannter ukrainischer Gebietsverzicht kursiert bereits seit Wochen als Variante für eine mögliche Friedenslösung.
Ein von Russland geforderter und jetzt von Hegseth ausformulierter Verzicht auf einen Nato-Beitritt des unbesetzten Teils der Ukraine wurde in Kiew ebenso bereits als Gefahr erkannt. Selenski versuchte, dem entgegenzuwirken, indem er stattdessen eine atomare Wiederbewaffnung der Ukraine durch den Westen ins Spiel brachte. Zudem sagte der ukrainische Staatschef, dass nur die USA seinem Land reale Sicherheitsgarantien geben können. An Zusicherungen der Europäer glaubt er offensichtlich nicht.
Was bedeutet das für die Europäer?
Für viele europäische Partner der Ukraine bestätigen sich mit den Ansagen der US-Regierung die schlimmsten Befürchtungen. In Brüssel und anderen Hauptstädten ging bereits zuvor die Sorge um, dass die USA ihre Unterstützung drastisch zurückfahren und eine Friedenslösung erzwingen könnten, aus der Russland faktisch als Sieger hervorgehen könnte. Im Wahlkampf hatte Trump ohne Unterlass behauptet, er könne den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden – unter anderem wegen seiner guten Kontakte zu Kremlchef Wladimir Putin.
Besonders problematisch ist der Kurs der USA, weil er auch die EU spalten könnte. Schon in den vergangenen Monaten hatte Ungarn immer wieder auf europäischer Ebene Unterstützungsentscheidungen für die Ukraine blockiert. Ministerpräsident Viktor Orbán dringt wie Trump auf schnelle Verhandlungen.
Zudem gilt es als höchst unwahrscheinlich, dass die EU finanziell und militärisch überhaupt in der Lage wäre, der Ukraine alleine eine erfolgreiche Fortsetzung des Abwehrkampfes gegen Russland zu ermöglichen. In Berlin und anderen europäischen Hauptstädten wurde bislang nicht einmal eine Ukraine-Friedenstruppe ohne US-Beteiligung für denkbar gehalten.