Er scheint der Gewinner nach 20 Jahren Krieg in Afghanistan: Mullah Abdul Ghani Baradar (53). Der Taliban-Führer, der bislang in Doha im Exil lebte, ist laut Medienberichten auf dem Weg nach Kabul. Dort soll er die Taliban bei der Bildung der neuen Regierung unterstützen.
Beobachter sehen Baradar schon als neuen Präsidenten Afghanistans. Während Hibatullah Achundsada (60) vermutlich als eigentlicher Anführer der Taliban gilt, ist Baradar ihr politisches Oberhaupt, wie der britische «Guardian» schreibt.
Brachte Taliban 1996 an die Macht
Baradar hatte die Taliban nach der Vertreibung der Russen aus Afghanistan in den 90ern gegründet. Dies zusammen mit seinem angeblichen Schwager Mohammad Omar (†53). Ihr Ziel war es, ein Emirat nach islamistischen Vorstellungen zu gründen und das Land «zu läutern».
Als die Taliban 1996 die Führung übernahm, kam Omar an die Macht. Baradar hatte während der Herrschaft mehrere Funktionen inne, unter anderem war er stellvertretender Verteidigungsminister. Nachdem die Islamisten gestürzt wurden, flüchtete er ins Exil.
USA setzten sich für seine Befreiung ein
Der US-Geheimdienst spürte ihn 2010 in Pakistan auf und überredete den dortigen Geheimdienst, ihn zu verhaften. Das war unter Präsident Barack Obama. Donald Trumps Regierung setzte sich acht Jahre später für die Befreiung Baradars ein. Der Taliban-Führer sollte an den Friedensverhandlungen 2020 mit den USA teilnehmen. Er unterzeichnete für die Taliban das Doha-Abkommen, mit dem der Abzug der US-Truppen besiegelt wurde.
Wie sich die neue Regierung der Taliban zusammensetzen wird, ist ungewiss. Ihr Gesicht scheint aber schon klar. Baradar schrieb in einem Statement am Sonntagabend, er werde ein «Blutvergiessen» in Afghanistan verhindern: «Die Taliban sind nun verantwortlich, die Ehre und das Eigentum ihrer Landsleute zu schützen.» (hah)