«Man ist nie zufrieden, wenn es noch Verschüttete gibt»
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Teamleiter Swiss Rescue:«Man ist nie zufrieden, wenn es noch Verschüttete gibt»

Unterwegs im Erdbeben-Gebiet
Zwischen Leben und Tod

Blick-Reporter Benjamin Fisch war nach dem verheerenden Erdbeben vier Tage lang im Katastrophengebiet in der Türkei unterwegs. Er begleitete die Schweizer Rettungskette bei ihrem Einsatz in der zerstörten Stadt Antakya. Ihre Mission: Leben retten.
Publiziert: 12.02.2023 um 00:46 Uhr
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Aktualisiert: 12.02.2023 um 15:45 Uhr
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Die Stadt Antakya ist praktisch komplett zerstört.
Foto: Benjamin Fisch
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Benjamin FischReporter/Moderator Blick

Es ist kalt und dunkel, Mittwochabend, nach 22 Uhr. Ein Teil der Retter sitzt im Basislager im Aufenthaltszelt und bereitet sich auf seinen nächsten Einsatz vor. Dann kommt ein Funkspruch vom Trümmerfeld: «Vier Personen lebend gerettet. Kind 6 Monate alt, Mädchen 18 Jahre alt, Frau 32 Jahre alt und Grossvater 86 Jahre alt.»

66 Stunden nach dem Erdbeben konnten die Spezialisten der Schweizer Rettungskette eine ganze Familie nahezu unverletzt aus den Trümmern holen. Was für ein grossartiger Erfolg. Es waren die geretteten Personen Nummer sechs, sieben, acht und neun. Im Base Camp sorgte der Funkspruch für glückliche Gesichter.

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Draussen stürzten sich die Retter wieder in die Trümmer. Im selben Gebäude gab es noch Lebenszeichen von einem Jugendlichen. Eine weitere Rettung schien möglich. Sie konnten bis zu ihm vordringen, mit ihm sprechen, ihn aber nicht aus den Trümmern befreien. Er starb. Die Retter hatten ihr Bestes gegeben. Den Kampf gegen die Zeit haben sie aber leider verloren. Es ist die grässliche Realität der Katastrophe. Nur hier sind Leben und Tod so nahe beieinander.

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In der türkischen Stadt Antakya nahe der syrischen Grenze wurden ganze Quartiere komplett zerstört. Mehrstöckige Gebäude sind nur noch Schutthaufen. Neben ihnen schreien Menschen panisch nach Hilfe, weil ihre Liebsten unter den Trümmern liegen. Diese Schreie gingen mir als Beobachter durch Mark und Bein. Die Verzweiflung in den Gesichtern der Überlebenden werde ich nie vergessen.

Für die Überlebenden hat der Kampf erst begonnen

Die Rettungskette der Schweiz gehörte am Dienstagmorgen zu den ersten professionellen Hilfstruppen vor Ort. Alle wollten ihre Hilfe. Sie klopften ans Fahrzeug der Retter und flehten sie an, ihre Liebsten aus den Trümmern zu holen. Ständig musste man entscheiden: Wen rettet man – und wen lässt man sterben?

Jene Menschen, die das Erdbeben überlebt haben, sind die Glücklichen. Aber ihr Kampf hat mit dem Überleben erst gerade begonnen. Das Erdbeben hat ihnen alles genommen. Die Existenz, die Lebensfreude, die Perspektive. Die Menschen leben auf der Strasse. Sie übernachten bei Minustemperaturen draussen. Ein Feuer ist ihre einzige Wärmequelle. Strom gibt es nach wie vor nicht in der Stadt.

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In den ersten Tagen nach dem Erdbeben stand die Rettung der Verschütteten im Zentrum. Jetzt müssen die Überlebenden gerettet werden. Sie brauchen ein Dach über dem Kopf, medizinische Versorgung, Lebensmittel und eine Perspektive. Kriegen sie das nicht, werden noch weitere Menschen sterben.

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