«Bis alle Erwartungen der Türkei spürbar erfüllt sind, werden wir die Praxis an unseren Grenzen fortsetzen», sagte Erdogan am Mittwoch in einer Fernsehansprache. Er nannte die Wiederaufnahme der Gespräche über die Visafreiheit für türkische Staatsangehörige in Europa, die Eröffnung neuer Kapitel im EU-Beitrittsprozess Ankaras, eine Modernisierung der Zollunion und zusätzliche finanzielle Unterstützung als Forderungen.
«Wir betteln niemanden an. Alles, was wir wollen, ist, dass die Versprechen, die unserem Land gegeben wurden, eingehalten werden», fügte Erdogan hinzu.
Der türkische Staatschef hatte die Grenzen seines Landes zur EU Ende Februar für geöffnet erklärt. Dies sorgte für einen starken Flüchtlingsandrang an der türkisch-griechischen Grenze. Griechische Behörden hielten die Grenzen geschlossen und drängten Flüchtlinge teilweise unter dem Einsatz von Tränengas zurück.
Gegenseitige Vorwürfe
Die Situation führte auch zu neuen Spannungen zwischen Ankara und Brüssel. Die EU wirft der Türkei vor, die Migranten gegenüber Brüssel als Druckmittel zu missbrauchen. Die Türkei wiederum beschuldigt die EU, ihre Zusagen aus dem im März 2016 geschlossenen Flüchtlingsabkommen nicht einzuhalten.
Ankara hatte sich damals verpflichtet, alle auf den griechischen Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen. Die EU versprach im Gegenzug Milliardenhilfen für die Flüchtlingsversorgung in der Türkei, eine beschleunigte Visa-Erleichterung und die Modernisierung der Zollunion.
Erdogan sagte in seiner Rede am Mittwoch, er habe die Grenzen auch geöffnet, um Europa zu drängen, mehr Hilfe im Syrien-Konflikt zu leisten. Die Türkei unterstützt die Gegner des syrischen Machthabers Baschar al-Assad militärisch. Bei Gefechten mit von Russland unterstützten syrischen Regierungstruppen waren mehrere Dutzend türkische Soldaten getötet worden.
Weitere grosse Fluchtbewegung befürchtet
«Mit der Erwärmung des Wetters im Frühjahr wird sich der Zustrom irregulärer Migranten, die nach Europa kommen, nicht auf Griechenland beschränken, sondern sich über das gesamte Mittelmeer ausbreiten», sagte Erdogan. Er bekräftigte, dass die Türkei auf ein neues Abkommen mit Brüssel vor dem nächsten EU-Gipfel am 26. März hofft.
Die Türkei beherbergt bereits rund 3,6 Millionen Flüchtlinge - die meisten davon aus Syrien. Ankara befürchtet im Zuge der Militäroffensive der syrischen Regierungstruppen zur Rückeroberung der letzten Hochburg islamistischer Milizen in Idlib eine weitere grosse Fluchtbewegung und fordert mehr Unterstützung von der EU. (SDA)