Es hätte ein Freundschaftsbesuch mit feierlicher Vertragsunterzeichnung werden sollen. Doch das Treffen zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (47) und Donald Trump (78) endete in einem Eklat. Ausgerechnet die höchsten Repräsentanten jenes Landes, das Selenski bisher im Angriffskrieg der Russen am meisten unterstützt hatte, demütigten ihn und stauchten ihn vor laufenden Kameras zusammen.
Selenski war am Freitag kurzfristig nach Washington gereist, mit dem Ziel, ein Rahmenabkommen über einen Investitionsfonds zum Wiederaufbau der Ukraine zu unterzeichnen. Er hätte den USA den Zugang zu wichtigen Rohstoffen gewährt, von denen im Boden der Ukraine Unmengen schlummern. Doch statt eines Deals gabs massive US-Drohungen, die in ganz Europa Angst machen.
Schon zur Begrüssung spottete Trump über Selenskis Pullover: «Er hat sich heute besonders herausgeputzt.» Im offiziellen Gespräch, das Medien mitverfolgen konnten, sparte Trump nicht mit verbalen Schlägen. Das Gespräch artete aus, als Selenski einwandte, dass der von Trump als «fair» bezeichnete Mineraliendeal «nicht genug» sei. Er wünscht sich von den USA auch Sicherheitsgarantien.
Trump droht Selenski
Trump verschärfte seinen Ton: «Entweder Sie machen einen Deal oder wir sind raus!» Er warf Selenski vor, das Leben von Millionen von Menschen aufs Spiel zu setzen und «Hass gegen Putin» zu empfinden. Trump forderte Dankbarkeit: «Sie sind im Moment nicht wirklich in einer guten Position.»
Definitiv zum Eklat führte das Gespräch, als sich Trumps Vize J. D. Vance (40) einschaltete und Selenski Respektlosigkeit vorwarf. Trump warnte den mit verschränkten Armen dasitzenden Selenski: «Sie spielen mit einem dritten Weltkrieg.»
Der hitzige Schlagabtausch dauerte rund eine Stunde. Dann schmiss Trump Selenski aus dem Weissen Haus und sagte die geplante Pressekonferenz ab. Auch aus dem Bodenschatz-Deal wird vorerst nichts. Trump schrieb anschliessend auf Truth Social über Selenski: «Er hat die Vereinigten Staaten von Amerika in ihrem geschätzten Oval Office respektlos behandelt. Er kann zurückkommen, wenn er zum Frieden bereit ist.»
Europa plant Sondergipfel am Sonntag
Der entwürdigende Umgang mit Selenski und die Ukraine-Politik des US-Präsidenten schockieren in Europa. Polens Ministerpräsident Donald Tusk (67) hat nach dem Eklat die Solidarität seines Landes mit Kiew versichert. «Liebe ukrainische Freunde, ihr seid nicht allein», schrieb er auf der Plattform X. Ähnlich äusserte sich auf X Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez (52): «Ukraine, Spanien steht an eurer Seite.» Auch die Nato-Mitglieder Schweden und Norwegen bekundeten Kiew ihre Solidarität.
Schon am Nachmittag hatte der britische Premierminister Keir Starmer (62), dessen Land seit 2020 nicht mehr Teil der EU ist, kurzfristig zu einem Europa-Gipfel in London eingeladen. So treffen sich am Sonntag mehrere europäische Staats- und Regierungschefs sowie Nato-Generalsekretär Mark Rutte (58) und EU-Ratspräsident António Costa (63).
Beim Sondergipfel soll es darum gehen, die Position der Ukraine mit weiterer militärischer Hilfe und erhöhtem Druck auf Moskau zu stärken. Die Europäer befürchten, dass Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (72) über ihre Köpfe hinweg Entscheidungen trifft, die Kiew zu massiven territorialen Zugeständnissen zwingen würden.
Triumph für Putin
Während in den USA Ärger und in Europa Angst herrschen, dürften im Kreml die Korken knallen. Es scheint, als hätte Putin, der vor drei Jahren zum Überfall auf die Ukraine angesetzt hatte, den Westen spalten können und im mächtigsten Mann der Welt einen Verbündeten gefunden.
Der Vizechef des nationalen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew (59), lobte Trump für seine Standpauke. Der ehemalige Kreml-Chef schrieb auf Telegram: «Und das undankbare Schwein bekam eine kräftige Ohrfeige von den Besitzern des Schweinestalls. Das ist nützlich.» Das russische Staatsfernsehen pries Russland und die USA als «Friedenspartei» und titelte: «Selenski will keinen Frieden in der Ukraine.»
Konzentration auf europäische Verbündete
Mit dem Disput zwischen Trump und Selenski ist eine tiefe Freundschaft zwischen den USA und der Ukraine zerbrochen. Olga Tokariuk vom Ukraine-Forum der britischen Denkfabrik Chatham House schrieb auf X von einer «totalen Einschüchterungstaktik» des US-Präsidenten und seines Vizepräsidenten. Tokariuk: «Das ist keine Diplomatie. Das ist keine Neutralität. Das ist Parteinahme für den Angreifer und der Versuch, das Opfer zu erledigen.»
Auch Ulrich Schmid, Russland-Experte an der Uni St. Gallen, kritisiert gegenüber Blick den «Sultan Trump» und seinen «Grosswesir Vance». Das Treffen habe gezeigt, dass es Trump nicht um Frieden, sondern um Geld gehe. Schmid: «Nun muss sich die Ukraine auf ihre europäischen Verbündeten konzentrieren. Und die Europäer müssen verstehen, dass auf die USA als Verbündete unter der Trump-Administration definitiv kein Verlass mehr ist.»