Trotz Tausender Corona-Toten
Schweizer in Rio de Janeiro: «Der Strand ist rappelvoll»

Corona wütet in Brasilien wie in kaum einem anderen Land. Doch davon merkt Matthias L.* (28) nichts. Der Zürcher liegt mit anderen zusammen am Strand und geniesst die Sonne – während das Virus Tausende dahinrafft.
Publiziert: 21.01.2021 um 15:44 Uhr
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Die berühmte Copacabana in Rio de Janeiro sieht aus wie immer. Und das trotz Corona.
Foto: imago images/ZUMA Wire
Johannes Hillig

Maskenpflicht, Homeoffice-Pflicht, geschlossene Geschäfte und Restaurants. Während die Schweiz den Lockdown bis Ende Februar verlängert und die Massnahmen verschärft, sieht es in Brasilien anders aus. Ganz anders!

«Nichts ist geschlossen. Hier ist alles offen. Geschäfte, Bars und Clubs. Eine Maskenpflicht gibt es nicht, lediglich eine Empfehlung», sagt Matthias L.* (28) zu BLICK. Der Zürcher ist seit wenigen Tagen in Rio de Janeiro.

«Corona ist nicht das grosse Thema hier»

Er wollte einfach weg aus der Schweiz. Weg von den ganzen Massnahmen. Und das geht in Brasilien. Denn das Land fährt eine ganz andere Corona-Strategie. Wenig Massnahmen, viele Freiheiten. Einen Lockdown wie in der Schweiz gibt es nicht.

«Es wird schon Abstand gehalten. Auch Masken werden getragen und Desinfektionsmittelspender stehen herum. Aber Corona ist nicht das grosse Thema hier. Die Leute haben andere Sorgen wie Hunger oder Kriminalität.»

Ausserdem würden sich die Brasilianer nicht die Lebensfreude verbieten lassen. Rausgehen, Spass haben, die Sonne geniessen. Und gerade sei Ferienzeit in Brasilien. Das merke man besonders am Wochenende. «An der Copacabana ist dann der Wahnsinn los. Der Strand ist rappelvoll», erzählt der Zürcher.

Tausende Tote, Millionen Infizierte

Die Stimmung ist ausgelassen. Dabei sollte es den Brasilianern alles andere als Samba zumute sein. Das Land gilt als einer der Brennpunkte der Pandemie – mit mehr als 210'000 Corona-Toten und rund 8,5 Millionen Infizierten. Die Spitäler sind am Limit. Manche können keine Patienten mehr aufnehmen. Das Gesundheitssystem in Manaus, einer anderen brasilianischen Grossstadt, ist bereits zusammengebrochen.

Mutierte Version in Brasilien entdeckt

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte bereits vor einem Kollaps der Spitäler in Lateinamerika. «Unsere Region und die Welt scheitern bei dem Versuch, das Coronavirus zu kontrollieren. In zu vielen Ländern passen die politischen Massnahmen nicht zum Ernst der Lage», sagte Clarissa Etienne, Direktorin der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (Paho), diese Woche.

Sorgen bereiteten ihr vor allem die hohen Belegungszahlen der Betten auf Intensivstationen und der Mangel an medizinischem Sauerstoff in bestimmten Regionen. Daher müssten die Massnahmen verschärft werden.

«Ich hatte schon Corona»

Die Corona-Situation in Brasilien spitzt sich dramatisch zu. Eine mutierte Version wurde entdeckt. Der Name E484K. Ob die Mutation tatsächlich ansteckender ist oder schwerere Krankheitsverläufe verursacht, ist derzeit noch nicht klar. In der Schweiz sind bislang keine Fälle von E484 bekannt. Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) setzte das Land vorsichtshalber auch auf die Quarantäne-Liste.

Wie lange Matthias L. in Brasilien bleiben möchte, weiss er noch nicht. «Vielleicht bis Ende Februar, wenn der Lockdown in der Schweiz gelockert wird.» Die hohen Zahlen in Brasilien machen ihm keine Sorgen. Angst sich anzustecken, hat der Schweizer nämlich nicht. «Ich hatte schon Corona. Der Verlauf war mild.» Ob Brasilien allerdings mit seiner Corona-Strategie glimpflich davonkommt, ist fraglich.

* Name geändert


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