Russlands Präsident Wladimir Putin (69) bombt in der Ukraine immer brutaler. Der Westen spricht derweil schon von einem neuen Marshall-Plan. Also: von Geld für den Wiederaufbau des vom Krieg gebeutelten Landes, von langfristigen Perspektiven.
Doch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) hat derzeit noch andere Sorgen. Denn trotz westlicher Waffenlieferungen bleibt die Lage der ukrainischen Truppen in den schwer umkämpften Gebieten im Osten des Landes extrem schwierig. «Wir unternehmen alles, um unser Militär mit modernen Artilleriesystemen auszustatten und den Besatzern angemessen zu antworten», sagte Selenski am späten Mittwochabend in seiner nächtlichen Videoansprache. Seine Appelle an den Westen: immer verzweifelter!
Artillerieschlacht im Donbass
Das russische Militär setzt im Industriegebiet Donbass nämlich auf massiven Artilleriebeschuss, es will ukrainische Stellungen schwächen. Die ukrainische Artillerie ist trotz einiger eintreffender moderner Geschütze aus dem Westen unterlegen. Aktuell wird um die Stadt Lyssytschansk gekämpft, aus dem benachbarten Sjewjerodonezk zogen sich die ukrainischen Truppen zurück.
Der bisherige Druck auf Russland reiche nicht aus, sagte Selenski. Er verwies darauf, dass allein am Mittwoch zehn russische Raketen auf die ukrainische Stadt Mikolajiw abgefeuert worden seien. «Und alle waren auf zivile Ziele gerichtet», sagte er.
Und doch gibt es wieder neue Hoffnung für die ukrainische Armee!
Waffenlieferungen aus den USA, Deutschland und den Niederlanden
Quasi zeitgleich mit der russischen Eroberung der Ruinen der Grossstadt Sjewjerodonezk sind im Osten und Süden der Ukraine neue westliche Waffen eingetroffen, die dem Land neuen Auftrieb im Kampf gegen Putins Invasionsarmee geben könnten.
Die Rede ist von Mehrfachraketenwerfer-Systemen aus den USA, sogenannten HIMARS M142, die mit ihren Dank GPS zielgenauen Raketen bis zu 70 Kilometer weit feuern können und dabei eine verheerende Explosionskraft entfachen.
Auch Deutschland und die Niederlande wollen der Ukraine mehr schwere Waffen liefern – insgesamt sechs weitere Panzerhaubitzen 2000. Das sagten die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (57) und ihre niederländische Amtskollegin Kajsa Ollongren (55) am Dienstag am Rande des Nato-Gipfels in Madrid. Erst vor wenigen Tagen hatte die Bundesregierung bestätigt, dass die Lieferung von sieben Panzerhaubitzen 2000 aus Bundeswehr-Beständen an die Ukraine abgeschlossen ist.
Putin in Turkmenistan
Und was macht Putin? Gibt sich gelassen, lächelt die westlichen Entscheide als Propaganda weg. Den Verlauf des Kriegs in der Ukraine bezeichnete Putin in Turkmenistan als planmässig. Er befindet sich derzeit auf seiner ersten Auslandsreise seit Kriegsbeginn. «Die Arbeit läuft ruhig, rhythmisch, die Truppen bewegen sich und erreichen die Linien, die ihnen als Etappenziele vorgegeben wurden», sagte Putin. «Alles läuft nach Plan», zitierte ihn die russische Nachrichtenagentur Tass.
Putin sieht sich auch durch einen Nato-Beitritt von Finnland und Schweden nicht bedroht. «Es gibt nichts, was uns mit Blick auf eine Mitgliedschaft Finnlands und Schwedens in der Nato Sorgen machen würde. Wenn sie wollen – bitte», sagte der Kremlchef.
Aber: «Sie müssen sich klar und deutlich vor Augen halten, dass es für sie früher keine Bedrohungen gab – aber werden dort jetzt Truppen stationiert und Infrastruktur eingerichtet, so werden wir gespiegelt antworten müssen und dieselben Bedrohungen für das Territorium schaffen, von dem aus wir bedroht werden», sagte Putin. «Alles war gut zwischen uns, aber jetzt wird es Spannungen geben – das ist offensichtlich, zweifelsfrei, ohne geht es nicht.» Russland hatte bereits nach ersten Plänen zum Nato-Beitritt der beiden Länder mit Konsequenzen gedroht.
Russland verkündet Rückzug von ukrainischer Schlangeninsel
Und doch: Das ukrainische Militär meldete am Donnerstagvormittag auf Telegram, dass sich russische Truppen von der Schlangeninsel zurückgezogen haben. Die Insel war kurz nach Kriegsausbruch besetzt worden. Die russische Armee hat den Rückzug von der Schlangeninsel bestätigt.
Die Insel liegt vor dem Ausgang des Donaudeltas, unweit der rumänischen Küste – und damit an der Grenze zur Nato. In den vergangenen Monaten hatten die russischen Streitkräfte mehrfach offenbar erfolglos versucht, Luftabwehr auf der Insel zu stationieren. (oco)