Terror-Experte Peter R. Neumann warnt vor Gewalt-Zunahme in den USA
«QAnon wird gefährlicher als Dschihadismus»

Eine der grössten Bedrohungen für die USA ist die Verschwörungs-Bewegung QAnon. Das sagt einer, der sich mit Terror auskennt. Experte Peter R. Neumann schätzt die Gruppierung sogar als gefährlicher ein als den Dschihadismus.
Publiziert: 12.01.2021 um 16:44 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2021 um 16:16 Uhr
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Die Gruppierung QAnon wurde erst vor drei Jahren gegründet und zählt schon über eine Million Mitglieder. Sie sind glühende Trump-Verehrer.
Foto: Getty Images

Beim Sturm aufs Kapitol in Washington am 6. Januar hat vor allem eine gewalttätige Organisation von sich reden gemacht: QAnon. Die Bewegung von Verschwörungstheoretikern hat sich erst 2017 gegründet und zählt schon über eine Million Anhänger. Ihr gehören unter anderem Rassisten, Mitglieder von Bürgermilizen, fundamentalistische Christen sowie ultrakonservative Trump-Anhänger an.

Ihr Schöpfer ist ein angeblicher Regierungsinsider, der im Internet teilweise rechtsextreme Botschaften veröffentlicht und behauptet, dass eine satanistische Elite weltweit Kinder entführe und ermorde, um aus ihrem Blut eine Verjüngungsdroge zu gewinnen. Weil die Beträge mit dem Buchstaben Q unterzeichnet sind, wird die Bewegung QAnon genannt.

Immer gefährlicher

Der aus der Schweiz stammende US-Wahlmann Vinz Koller (57) stellte im BLICK kurz nach der Stürmung des Kapitols die grundlegende Frage: «War diese Schande der Anfang einer neuen Abspaltungsbewegung oder das Ende von Trumps Aufbäumen?»

Für den Deutschen Peter R. Neumann (46), Gründungsdirektor des Internationalen Zentrum zur Erforschung von Radikalisierung und politischer Gewalt am Londoner King's College, ist klar: Es ist Ersteres! Neumann bezeichnet die QAnon-Bewegung als terroristische Bedrohung, die in den nächsten Jahren «grösser und gefährlicher sein wird als die von Dschihadisten». Das schreibt Neumann in einem Gastbeitrag im «Spiegel».

Grosser Rückhalt

Für seine Theorie hat Neumann vier Gründe:

  • QAnon zählt mehr Unterstützer als der IS oder Al Kaida. In den vergangenen 20 Jahren wurden in den USA knapp 500 Personen wegen Islamisten-Unterstützung angeklagt. Neumann: «Selbst wenn von einer Million QAnon-Anhängern nur ein Prozent gewaltbereit sind, wären dies 10'000 Gefährder.»

  • QAnon ist schwer bewaffnet. Nur wenige der knapp 500 angeklagten Dschihadisten hatten eine militärische Ausbildung oder waren Waffennarren. Bei QAnon sind viele Anhänger bei Bürgermilizen aktiv. Ihr wichtigstes Grundrecht ist das Recht auf Waffenbesitz.

  • QAnon hat grösseren Rückhalt in der Bevölkerung. Rund 20 Prozent der Republikaner zeigten für den Sturm aufs Kapitol Verständnis. Es gab sogar republikanische Politiker, die selber dabei waren.

  • QAnon hat Polizei und Militär infiltriert. Unter den Randalierern im Kapitol befanden sich mindestens ein Dutzend aktive Soldaten. Die Polizei in Seattle hat mehrere Beamte wegen Beteiligung am Sturm suspendiert. Experten warnen schon seit Jahren vor einer Unterwanderung.

Für Neumann steht daher fest: «Der Sturm aufs Kapitol war kein Schlusspunkt, sondern spektakulärer Auftakt einer massiven terroristischen Bewegung, die Amerika noch Jahre beschäftigen wird.» (gf)

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