Es waren Szenen wie aus einem düsteren Hollywood-Film. Ein wütender Mob stürmte, angestachelt von Donald Trump (74), am Mittwoch das Kapitol in Washington DC, direkt in das Herz der Demokratie. Der abgewählte US-Präsident wiederholte in seiner Rede zuvor die Behauptung, dass die US-Wahlen manipuliert seien, und befeuerte damit die Wut, die Verzweiflung und den Hass vieler. Und das zeigte Wirkung. Wie entfesselt, polterte die Meute nach Trumps Auftritt los – und machte ihrem Ärger Luft.
Der irre Wikinger mit der Fellmütze
Nackter Oberkörper, das Gesicht in den Farben der US-Flagge geschminkt und auf dem Kopf eine Fellmütze mit Hörnern. Mit dieser Aufmachung stach ein Mann besonders aus dem Mob der Trump-Anhänger heraus: Jake Angeli (32) alias «Q Shaman». Kein Unbekannter. Er machte schon bei mehreren Trump-Rallys und bei rechtsextremen Demonstrationen in Arizona auf sich aufmerksam. Seit 2019 steht er regelmässig vor dem Kapitol in Arizona, um seine kruden Theorien zu verbreiten. Er kenne die Wahrheit, da er sich als Schamane mit übernatürlichen Kräften sieht.
Angeli ist glühender Anhänger der rechten Verschwörungssekte QAnon. Demzufolge würde die Welt von einer geheimen Elite regiert. Diese besteht angeblich aus Superreichen, Politikern und Prominenten. Trump gehöre nicht dazu und daher wurde die Wahl manipuliert. Nicht nur das: Viele QAnon-Anhänger glauben auch, dass Politiker und Prominente Kinder entführen und töten lassen, um mit deren Blut ein verjüngendes Mittel herzustellen.
Er legte bei Pelosi die Füsse auf den Tisch
Während Jake Angeli sich in Szene setzte, drang Richard Barnett (60) in das Büro von Nancy Pelosi (80), der demokratischen Sprecherin des Repräsentantenhauses, ein. Dort fläzte er sich in den Stuhl, legte provokant seine Schuhe auf dem Schreibtisch ab und lachte überlegen. Das Büro wurde komplett verwüstet.
Wieder draussen, zeigte der 60-Jährige stolz einen an Pelosi adressierten Brief, den er aus dem Büro gestohlen hatte. Auch Barnett ist bereits als Trump-Anhänger bekannt. Er stammt aus Gravette im US-Bundesstaat Arkansas. Er glaubt fest daran, dass die Wahl manipuliert wurde, nahm zum Beispiel an einer Protest-Veranstaltung im November teil, wie der TV-Sender «KNWA» berichtet.
Mehr zum Sturm des US-Kapitols
Der Metal-Gittarist Jon Schaffer
Langer Bart, schwarze Mütze und wütender Blick. Beim Sturm auf das Kapitol hatte sich so Jon Schaffer (52), Gründer der Metal-Band «Iced Earth», gemischt. Der Musiker hielt mit seinen politischen Ansichten nicht hinterm Berg. Er ist glühender Trump-Fan. Im November nahm er an einer Protest-Veranstaltung in Washington teil. Damals lief die Veranstaltung noch friedlich ab. Die Richtung war aber dennoch schon für Schaffer klar: «Wenn jemand gegen uns Gewalt anwendet, werden wir entsprechend reagieren. Wir wollen das nicht, aber wir sind bereit», sagte der Musiker zur Zeitung «Die Welt».
Die «Proud Boys»
Die rechtsextreme Miliz hat ein klares Ziel: Donald Trump soll weiter Präsident der USA bleiben. Dafür organisierten die «Proud Boys» im November einen Protest-Marsch durch Washington D.C. Der Name: Million MAGA March. Die spezielle Trump-Fantruppe ist nicht gerade dafür bekannt friedlich aufzutreten. Schon bei anderen Demonstrationen sorgten sie für Krawall. Bei der chaotischen TV-Wahlkampf-Debatte Ende September 2020 sagte er über die Truppe: «Stand back and stand by», was übersetzt etwa so viel heisst wie «Haltet euch zurück und seid bereit». Der Beweis folgte. Das Kapitol wurde gestürmt.(euc/jmh)