Donald Trump (74) kann es einfach nicht lassen: Nun beschuldigt auch er die Antifa, hinter dem Sturm auf das Kapitol vom 6. Januar zu stecken. Diese wirre Theorie verbreiteten vergangene Woche schon seine Anhänger, obwohl Videoaufnahmen zeigen, dass Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker an vorderster Front ins Parlamentsgebäude einbrachen.
Trump fährt die Antifa-Schiene, weil er von seiner Wahlniederlage ablenken und immer noch einen Wahlsieg erzwingen will. Doch dieser Zug ist definitiv abgefahren: Am 6. Januar erklärte der Kongress Joe Biden (74) offiziell zum neuen Präsidenten, am 20. Januar erfolgt der Machtwechsel.
Keine Beweise
Die Antifa-Beschuldigung machte Trump am Montag bei einem halbstündigen Telefongespräch mit Kevin McCarthy (49), dem republikanischen Fraktionschef im Repräsentantenhaus. Wie ein Mitarbeiter des Weissen Hauses gegenüber dem Newsportal Axios berichtete, habe McCarthy versucht, Trump von seinen falschen Beschuldigungen abzubringen. McCarthy habe entschieden widersprochen: «Es ist nicht die Antifa, es ist Maga. Ich weiss es. Ich war dort.»
Selbst das FBI stellte vergangene Woche klar, dass es bei der Kapitol-Stürmung keine Hinweise auf eine Beteiligung der Antifa gegeben habe.
Die Quelle berichtete weiter, dass beim Telefonat eine aggressive Stimmung geherrscht und Trump geschimpft habe. McCarthy habe Trump beschwichtigt: «Hören Sie auf. Es ist vorüber. Die Wahl ist vorbei.» Er habe Trump sogar aufgefordert, sich mit Nachfolger Joe Biden zu treffen und ihm traditionsgemäss einen Willkommensbrief im Pult zu hinterlassen. Trump habe geantwortet, dass er noch nicht entschieden habe, ob er dies für Biden tun werde.
Falsche Berichte
Trump machte schon bei den Anti-Rassismus-Protesten im vergangenen Jahr die Antifa für die Ausschreitungen verantwortlich und wollte sie daher als Terrororganisation einstufen. Da es sich bei der Antifa aber weder in den USA noch sonst wo um eine Organisation mit festen Strukturen handelt, ist fraglich, wie das umgesetzt werden soll.
Dass bei den Ausschreitungen am 6. Januar die Antifa ins Spiel gebracht wird, geht unter anderem auf Artikel in US-Medien zurück. In denen hiess es, dass eine Gesichtserkennungsfirma Antifa-Infiltratoren erkannt habe, die als Trump-Anhänger ins Kapitol eingedrungen seien. Das Unternehmen bezeichnete aber die Artikel als falsch und gab bekannt, dass seine Software zwei Neonazis und einen QAnon-Unterstützer identifiziert habe.
Bekannte Rechtsextreme
Experten erkannten auf den Video-Aufnahmen der Kapitol-Stürmung mehrere bekannte Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretiker. Der auffälligste ist der QAnon-Anhänger Jake Angeli (33) alias «Q Shaman» aus Arizona, der eine Pelzfellmütze mit Hörnern trug.
In rechten Krisen ist sogar die Behauptung aufgetaucht, dass Angeli ein Aktivist der linken Black-Lives-Matters-Bewegung sei. Als Beweis diente ein Foto von Juni 2020, auf dem Angeli an einer Kundgebung zu sehen ist. Tatsächlich aber war Angeli an dieser Veranstaltung als Gegendemonstrant aufgetreten.
Auch Jason Tankersley, ein Mitglied der Neonazi-Bewegung, wurde zuerst der extremen Linken zugeordnet, weil ein Bild von ihm über ein linkes Netzwerk verbreitet worden war.
Identifiziert wurden weitere Mitglieder mehrerer rechtsextremer Gruppen, so der Proud Boys, der Groyper Army, der New Jersey European Heritage Association und des Nationalist Social Clubs. Von Antifa-Anhängern aber keine Spur. (gf)