Fellkostüm, zwei Hörner und rot-weiss-blaue Gesichtsbemalung: Dieser Kapitol-Angreifer war definitiv der auffälligste. Mit nacktem Oberkörper war er beim gewalttätigen Eindringen in den Kongress ganz vorne dabei und posierte brüllend im Sitzungssaal des ehrwürdigen US-Senats.
Der Mann ist kein Unbekannter: Jack Angeli (32) heisst er, kommt aus Arizona und ist in der rechten Szene in den USA als «Q Shaman» bekannt – in Anlehnung an den Verschwörungsglauben QAnon. Angeli gilt als einer der führenden Köpfe der Szene. Er sieht sich als Schamane mit übernatürlichen Kräften, daher sei er im Besitz der «Wahrheit». Auf seinem Account auf dem rechten Netzwerk Parler bezeichnet er sich als «Veteran, Schamane und digitaler QAnon-Soldat».
Angeli redet in ORF-Interview von unterirdischen Anlagen in der Schweiz
QAnon-Anhänger glauben unter anderem, die Welt würde von einer geheimen Elite regiert. Diese würde Kinder in geheimen unterirdischen Anlagen unter dicht besiedelten Städten festhalten. Zudem beschäftige man sich in diesen Geheimbasen mit Anti-Gravität oder Klon-Technologie. Und die gibts laut dem Typen mit dem Horn-Helm offensichtlich auch in den Schweizer Bergen.
«Die Schweizer Alpen sind durch diese verrückten Untergrundbasen wie Schweizer Käse!», behauptet der Kostümierte in einem Interview mit dem ORF, das im vergangenen Sommer in Arizona aufgenommen wurde. «Die USA haben so 150, 200 von diesen Dingern – aber das ist noch wenig im Vergleich zu anderen Ländern. Manche Länder sind so tief infiltriert, da hast du alle 160 Kilometer so eine Untergrundbasis!»
Der Q Shaman ist nicht der einzige Aktivist, der sich in Tierfell kleidet. Erinnerungen an die illegale Demo gegen Corona-Massnahmen vom Mai in Bern werden wach. Damals sorgte ein Aktivist in Fuchspelz und mit Militärhelm für Aufsehen.
Der Q Shaman ist nicht der einzige Aktivist, der sich in Tierfell kleidet. Erinnerungen an die illegale Demo gegen Corona-Massnahmen vom Mai in Bern werden wach. Damals sorgte ein Aktivist in Fuchspelz und mit Militärhelm für Aufsehen.
Woher stammt die absurde Theorie?
Angeli machte schon bei mehreren Trump-Rallys und bei rechtsextremen Demonstrationen in Arizona auf sich aufmerksam. Seit 2019 steht er regelmässig vor dem Kapitol in Arizona, um seine kruden Theorien zu verbreiten. Dort wurde im vergangenen Jahr auch der österreichischen Sender ORF auf ihn aufmerksam. Im Interview gibt er seine abstrusen Theorien zum Besten, faselt über Zentralbanken, die heimlich «unendliche Energie» produzieren und äussert sich antisemitisch.
Die Theorie «geheimer» Untergrundbasen bezieht sich häufig auf real existierende Tunnel-Netzwerke und Luftschutzbunker. Dass diese einem anderen Zweck dienen – das ist dem selbsternannten Wahrheitsbesitzer offenbar verborgen geblieben. (kin)