Taliban stellen Ultimatum
Lage am Flughafen in Kabul wird immer gefährlicher

Die Evakuierungsaktion in der afghanischen Hauptstadt Kabul wird immer schwieriger und gefährlicher. Und die Zeit läuft davon. Denn die Taliban stellen ein Ultimatum. In einer Woche soll Schluss mit Evakuierungen sein.
Publiziert: 24.08.2021 um 10:59 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2022 um 09:24 Uhr
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Die Lage in Kabul entspannt sich nicht.
Foto: keystone-sda.ch

Die Situation am Flughafen in Kabul spitzt sich zunehmend zu. Bereits in der Nacht auf Montag kam es zu einem Feuergefecht. Unbekannte Angreifer haben auf afghanische Sicherheitskräfte geschossen und einen Sicherheitsmann getötet. Danach seien auch US- und deutsche Soldaten involviert gewesen, sie blieben unverletzt, meldet die deutsche Bundeswehr.

Weil der Zugang zum Flughafen kaum noch möglich ist, ist die Bundeswehr nun auch ausserhalb des massiv gesicherten Geländes im Einsatz, um Menschen in Sicherheit zu bringen. Daran sind auch Elitesoldaten des Kommandos Spezialkräfte beteiligt.

Eine Entspannung ist derzeit keine in Sicht. Der britische Verteidigungsministers Ben Wallace schätzt die Lage vor Ort als «immer gefährlicher» ein. Der deutsche Aussenminister Heiko Maas warnt die Menschen, sich «nicht auf eigene Faust zum Flughafen zu begeben».

Sieben Tote am Samstag

Allerdings scheinen die wenigsten darauf zu hören. Nach Angaben von Wallace gebe es «Massen von Menschen», die nicht die Kriterien für eine Evakuierung erfüllten, aber das Land verlassen wollten und zum Flughafen strömen.

Am Samstag sind im Gedränge bereits sieben Menschen ums Leben gekommen. Sie seien laut einem Korrespondenten der «Sky News» regelrecht «gequetscht» worden. Viele seien dehydriert und verzweifelt gewesen.

Unter den Toten ist auch ein Kind. Die Mutter des zweijährigen Mädchens sei gemeinsam mit ihrer Tochter, ihrem Ehemann und weiteren Verwandten vor einem Flughafentor gestanden. Als die Nato-Soldaten drei von vier Zugängen schlossen, brach Panik aus. Die Mutter und ihr Kind wurden angerempelt und stürzten zu Boden. Verzweifelte Menschen trampelten auf ihnen herum. Die Frau überlebte verletzt, die Tochter starb. «Ich fühlte puren Terror», sagt die Frau gegenüber der «New York Times».

Swiss-Flug in Zürich gelandet

Die USA haben seit dem 14. August 48'000 Menschen ausgeflogen. Bei den meisten Evakuierten handelt es sich um Afghanen, die einst für die US-Truppen gearbeitet haben, und deren Familien. Tausende von ihnen sollen während der Bearbeitung ihrer Visumsanträge auch auf US-Stützpunkten in Deutschland und anderen Staaten Europas untergebracht werden.

Die Briten konnten 8600 Menschen und die Deutschen über 3600 Personen auf ihren Flügen in Sicherheit bringen.

In der Nacht auf Dienstag konnten auch weitere Personen in die Schweiz ausgeflogen werden. Der Charterflug war kurz nach 1 Uhr mit 219 Passagieren in Zürich gelandet. Laut EDA waren an Bord der Swiss-Maschine 141 afghanische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kooperationsbüros der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) und ihre Angehörigen sowie 87 weitere Personen aus Afghanistan, Deutschland und Schweden.

Taliban drohen mit Reaktionen

Währenddessen beraten die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden westlichen Industrienationen sowie Vertreter der EU am Dienstag bei einem Sondergipfel über die Situation in Afghanistan. Teilnehmen sollen auch die Generalsekretäre der Nato und der Vereinten Nationen.

Im Fokus steht unter anderem die Evakuierungsmission. Es stellt sich die Frage, ob die Evakuierungen über den 31. August hinaus fortgesetzt werden können. Die Taliban hatten sich bereits deutlich gegen eine Fristverlängerung ausgesprochen. Es handle sich um eine «rote Linie», sagte ein Sprecher dem britischen Nachrichtensenders Sky News. Sie zu verschieben, käme einer Verlängerung der militärischen Besetzung seines Landes gleich. Sie drohen mit weiteren Reaktionen.

Grossbritanniens Premierminister Boris Johnson will sich nach Regierungsangaben aus London für eine Verlängerung bei US-Präsident Joe Biden stark machen. Biden hatte eine Fortsetzung der Evakuierungsmission nicht kategorisch ausgeschlossen, zugleich aber sehr deutlich gemacht, er hoffe, sie werde nicht notwendig sein.

Nicht alle Bürger können bis Ende Monat evakuiert werden

Würden die Amerikaner jedoch bis zum 31. August abziehen, würden laut Ben Wallace «die Rahmenbedingungen wegfallen», die anderen G7-Staaten Evakuierungen ermöglichen. «Dann werden wir auch gehen müssen.»

Das Problem: Weil die Zustände am Flughafen dermassen dramatisch und chaotisch sind, könnten bis Ende Monat voraussichtlich nicht mal alle US-Bürger, geschweige denn afghanische Ortskräfte ausgeflogen werden, berichtet «Bild». (man)

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