Streit um UNRWA
Was bedeutet das Verbot des Palästinenser-Hilfswerks?

Das Parlament Israels hat gegen das Palästinenser-Hilfswerk UNRWA ein Arbeitsverbot verhängt, das in drei Monaten in Kraft treten soll. Wie Israel das Verbot begründet, welche wichtigen Reaktionen es gibt und wie es nun weitergeht.
Publiziert: 29.10.2024 um 18:04 Uhr
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Aktualisiert: 29.10.2024 um 19:28 Uhr
Die Organisation bietet seit 1949 palästinensischen Flüchtlingen Dienstleistungen in Bereichen wie Gesundheitsversorgung: Im Bild ein Physiotherapeut der UNRWA.
Foto: AFP

Auf einen Blick

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Daniel JungRedaktor News

Das israelische Parlament hat am Montag zwei Gesetze verabschiedet, welche die Arbeit der UNRWA, der wichtigsten UN-Hilfsorganisation für die Palästinenser, grundsätzlich infrage stellen. Blick erklärt, wie Israel das Verbot begründet, welche Reaktionen es gibt und wie es nun weitergeht.

Was wurde beschlossen?

Das israelische Parlament hat am Montag zwei Gesetze klar angenommen. Beide erhielten jeweils über 80 Stimmen im 120-köpfigen Parlament. Der erste Gesetzentwurf untersagt der UNRWA die Tätigkeit auf israelischem Staatsgebiet. Der Zweite untersagt jeglichen Kontakt israelischer Behörden mit dem Hilfswerk. Beide Gesetze treten erst nach 90 Tagen in Kraft. 

Was hat die UNRWA bisher gemacht?

Die UNRWA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees) hat mehr als 30'000 Mitarbeiter, allein im Gazastreifen rund 13'000. Die meisten davon sind Palästinenser. Die Organisation bietet seit 1949 Dienstleistungen in Bereichen wie Bildung, Gesundheitsversorgung und Nahrungsmittelhilfe an. Seit Beginn des Gaza-Kriegs stellt sie auch Unterkünfte für Binnenflüchtlinge zur Verfügung und leistet humanitäre Hilfe.

Das Hilfswerk ist in Ost-Jerusalem, dem Gazastreifen, dem Westjordanland, Libanon, Syrien und Jordanien tätig. 

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Die UNRWA hat mehr als 30'000 Mitarbeiter, die meisten davon sind Palästinenser.
Foto: keystone-sda.ch

Was sind die Vorwürfe gegen die UNRWA?

Israel wirft der Organisation vor, dass Extremisten aus dem Gazastreifen UNRWA-Einrichtungen nutzen, um Raketen auf Israel abzufeuern oder Teile des Hamas-Tunnelnetzes zu beherbergen. Zudem behauptet Israel, Hamas-Mitglieder stünden in Diensten von UNRWA.

Das Hilfswerk geriet im Januar in die Schlagzeilen, weil Israel erklärte, zwölf Mitarbeiter seien in das Massaker vom 7. Oktober 2023 verwickelt gewesen. Im August sprachen Uno-Ermittler zehn Mitarbeiter von der Beteiligung an den Anschlägen vom 7. Oktober frei. Gleichzeitig teilte die Uno mit, dass neun weitere Mitarbeiter wegen möglicher Beteiligung entlassen wurden.

Was sind die Konsequenzen eines Verbots?

Nach den neuen Rechtsvorschriften wäre es dem UNRWA untersagt, «auf israelischem Hoheitsgebiet direkt oder indirekt eine Vertretung zu unterhalten, Dienstleistungen zu erbringen oder Aktivitäten durchzuführen». Treten die neuen Gesetze Ende Januar in Kraft, müsste die UNRWA jegliche Tätigkeit auf israelischem Territorium einstellen. Auch die Aktivitäten im Gazastreifen und im Westjordanland, wo das Hilfswerk auf die Koordinierung mit Israel angewiesen ist, würden stark eingeschränkt. Zudem könnten die israelischen Behörden keine Visa mehr für internationale Mitarbeiter der Organisation ausstellen.

Was sagt die Uno?

«Es gibt keine Alternative zum UNRWA», betonte UN-Generalsekretär António Guterres (75). Die Umsetzung des Verbots «könnte verheerende Folgen für die palästinensischen Flüchtlinge in den besetzten palästinensischen Gebieten haben, was nicht hinnehmbar ist.» Guterres werde die UN-Generalversammlung in Kenntnis setzen und fordere Israel auf, seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.

Wie reagiert die USA?

Die USA und andere westliche Länder hatten Israel von den Gesetzentwürfen stark abgeraten. Man fordere Netanjahus Regierung auf, die Umsetzung der Gesetze zu stoppen, sagte Matthew Miller, Sprecher des US-Aussenministeriums. «Es gibt niemanden, der die UNRWA jetzt mitten in der Krise ersetzen kann», betonte er. 

Vor gut zwei Wochen hatten die USA verlangt, dass Israel die Situation für die Menschen im Gazastreifen innerhalb von 30 Tagen «spürbar verbessern» sollte. Ansonsten könnte die amerikanische Militärhilfe für Israel infrage gestellt werden.

Wie wird es in dieser Sache weitergehen?

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu (75) erklärte: «In den 90 Tagen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes – und danach – sind wir bereit, mit unseren internationalen Partnern zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass Israel weiterhin humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen auf eine Weise leistet, die Israels Sicherheit nicht gefährdet.» Bis Ende Januar soll nach israelischer Vorstellung also ein Ersatz für UNRWA gefunden werden. Wie eine solche Alternative konkret aussehen könnte, ist derzeit aber noch nicht absehbar.

Ebenfalls ist unklar, ob der Druck der USA Israel noch zu Korrekturen an den neuen Gesetzen bringen könnte.

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