Auf einen Blick
- Israel reagiert auf iranische Raketenangriffe
- Hunderte Kampfflugzeuge und Flugkörper im Einsatz
- Präzise Angriffe auf militärische Ziele im Iran
- Israel informierte USA vorab über den Angriff
- Iran könnte bis zu 1000 Raketen auf Israel abfeuern
Warum schlug Israel zu?
Die iranischen Revolutionsgarden, die Elitestreitmacht des Landes, hatten am 1. Oktober rund 200 ballistische Raketen auf Israel abgefeuert. Der Angriff erfolgte nach einer Reihe von gezielten Tötungen durch Israel, die sich gegen zentrale Akteure in Irans Netzwerk nicht staatlicher Verbündeter wie der libanesischen Hisbollah-Miliz und der islamistischen Hamas richteten. Israel hatte daraufhin Vergeltung angekündigt. «Wie jedes andere souveräne Land der Welt hat der Staat Israel das Recht und die Pflicht zu reagieren», erklärte das israelische Militär.
Wie schlug Israel zu?
Laut der israelischen Nachrichtenseite «ynet» sind «Hunderte Kampfflugzeuge und Flugkörper» an dem Angriff beteiligt. Iranische Medien berichteten von Explosionen nahe der iranischen Hauptstadt Teheran. Die Luftabwehr des Landes sei aktiviert worden.
Was wurde getroffen?
Laut dem israelischen Militär handelte es sich um «präzise Angriffe auf militärische Ziele im Iran». Der Angriff wird in den iranischen Medien heruntergespielt, er sei begrenzt. Es gibt bislang keine Berichte über Opfer. Laut der israelischen Zeitung «Haaretz» sind Militärbasen im Westiran Ziel. Ein israelischer Beamter erklärte dem US-Sender NBC News, Israel greife keine Atomanlagen oder Ölfelder im Iran an. «Wir zielen auf Dinge, die uns in der Vergangenheit bedroht haben oder in der Zukunft bedrohen könnten», sagte ein Beamter dem Sender.
Nach Darstellung des Militärs wurden bei den Angriffen im Iran die Luftabwehrfähigkeiten des feindlichen Landes verringert. «Wir haben auf präzise Art und Weise Ziele in verschiedenen Regionen im Iran angegriffen», sagte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari (48).
Darunter seien Werkstätten zur Herstellung von Raketen, wie sie der Iran bei zwei Angriffen auf Israel in diesem Jahr eingesetzt habe. Ausserdem habe man Boden-Luft-Raketensysteme sowie Luftabwehrsysteme attackiert. Diese hätten Israels Einsatzmöglichkeiten im Iran einschränken sollen. «Jetzt hat Israel mehr Freiheit bei Lufteinsätzen auch im Iran», sagte Hagari, offenbar mit Blick auf mögliche künftige Angriffe.
Die angegriffenen Orte seien aus einer Liste von Zielen im Iran ausgewählt worden. Sollte es notwendig werden, könne man weitere Ziele von dieser Liste angreifen, sagte Hagari. «Dies ist eine klare Botschaft: Wer den Staat Israel bedroht, wird dafür einen hohen Preis bezahlen.»
Iranische Medien meldeten zunächst «begrenzte Schäden» an Militärstützpunkten. Wie die Nachrichtenagentur Tasnim berichtete, wurde die Luftabwehr unter anderem in der Hauptstadt Teheran und den Provinzen Chusestan sowie Ilam aktiviert.
Staatsmedien berichteten von Explosionen im Raum der Hauptstadt Teheran, in der 15 bis 20 Millionen Menschen leben. Am frühen Morgen waren auch Explosionen im Stadtzentrum zu hören und Feuer der Luftabwehr zu sehen.
Bei dem Angriff wurden nach Angaben des Militärs zwei Soldaten getötet. Sie seien bei der Verteidigung gefallen, meldete Tasnim unter Berufung auf eine Mitteilung der Armee. Tasnim gilt als Sprachrohr der Revolutionsgarden, Irans Elitestreitmacht.
War der Verbündete USA beteiligt?
Laut US-Medien sind die amerikanischen Streitkräfte in der Region nicht an dem Angriff beteiligt. Israel habe aber den wichtigsten Verbündeten vorab informiert. Das Kabinett hatte den Vergeltungsschlag israelischen Medienberichten zufolge kurz vor dem Angriff autorisiert.
Eine entsprechende Telefonkonferenz mit Regierungschef Benjamin Netanyahu (74) und Verteidigungsminister Joav Galant (65) habe am Freitagabend stattgefunden, berichtete die Zeitung «Haaretz». Die Minister seien in den vergangenen Tagen über den Rahmen des offensichtlichen Angriffsplans informiert worden, hiess es.
Ein ranghoher US-Regierungsbeamter verwies darauf, dass Israel der US-Empfehlung gefolgt sei, die Attacke auf militärische Ziele zu begrenzen und Opfer in der Bevölkerung zu vermeiden. Präsident Joe Biden (81) und sein Team hätten in den vergangenen Wochen Israel zu einer zielgerichteten und angemessen Antwort auf den iranischen Raketenangriff vom 1. Oktober ermutigt, sagte der Regierungsbeamte dem «Wall Street Journal».
Wie ist die Lage in Israel?
Laut eines israelischen Armeesprechers gibt es derzeit keine besonderen Anweisungen des Zivilschutzes. Die defensiven und offensiven Fähigkeiten seien voll mobilisiert, erklärte das Militär. «Wir werden alles Notwendige tun, um den Staat Israel und das israelische Volk zu verteidigen.»
Militärsprecher Hagari rief die israelischen Bürger mit Blick auf eine mögliche Reaktion des Irans zu erhöhter Aufmerksamkeit auf, betonte aber, die Anweisungen des Zivilschutzes seien vorerst unverändert.
Was könnten die Folgen des Gegenschlags sein?
Das iranische Militär ist für einen weiteren Gegenschlag bereit. «Es besteht kein Zweifel daran, dass Israel auf jede Aktion eine angemessene Antwort erhalten wird», zitiert Tasnim eine Quelle aus der Staatsmacht. Irans Revolutionsgarden hatten in den vergangenen Tagen immer wieder betont, entschieden auf einen israelischen Angriff reagieren zu wollen. Das iranische Militär arbeitete einem Medienbericht zufolge an mehreren möglichen Antwortszenarien. Sollten die israelischen Streitkräfte den Iran massiv angreifen und beispielsweise auch die Öl- und Nuklearanlagen des Landes ins Visier nehmen, werde die Reaktion heftig ausfallen, berichtete die US-Zeitung «The New York Times» unter Berufung auf vier iranische Beamte, darunter zwei Mitglieder der Revolutionsgarden.
In einem solchen Fall könnte der Iran bis zu 1000 ballistische Raketen auf Israel abfeuern, die Angriffe verbündeter Milizen in der Region ausweiten und den Schiffsverkehr im Persischen Golf und der Strasse von Hormus stören. Sollte Israel allerdings nur begrenzte Angriffe auf wenige Militäreinrichtungen und Waffenlager fliegen, würde der Iran möglicherweise auf eine Reaktion verzichten.
Die USA stationierten vor diesem Hintergrund eine Batterie des Raketenabwehrsystems THAAD in Israel. Bereits im vergangenen Jahr hatten die USA eine Batterie des THAAD-Systems in die Region verlegt.