Auf einen Blick
- Israelische Armee zwang Palästinenser, gefährliche Häuser zu betreten
- Soldat berichtet über das «Moskito-Protokoll» im Gazastreifen
- Ein Soldat hinterfragte das Vorgehen und verweigerte später Befehle
- Fünf ehemalige Gefangene bestätigten die Berichte
- IDF betont, dass zivile Gefangene nicht für Operationen genutzt werden dürfen
Laut einem Bericht von CNN hat das israelische Militär (IDF) Palästinenser offenbar dazu gezwungen, mit Sprengfallen versehene Häuser und Tunnel im Gazastreifen zu betreten, um seine Truppen nicht in Gefahr zu bringen. Dies berichten ein israelischer Soldat sowie fünf ehemalige Gefangene.
«Wir haben den Palästinensern gesagt, dass sie das Gebäude vor uns betreten sollen», erklärte der Soldat. «Wenn es irgendwelche Sprengfallen gibt, werden sie explodieren und nicht wir.» Das genaue Ausmass und der Umfang dieses Vorgehens sind laut CNN nicht bekannt. Jedoch sei die Praxis in verschiedenen Teilen des Gazastreifens verbreitet gewesen und habe sogar einen Namen gehabt: «Moskito-Protokoll».
Irgendwann habe der Soldat angefangen, das Vorgehen zu hinterfragen und konfrontierte seinen Kommandanten. Dieser habe ihm gesagt: «Es ist besser, wenn der Palästinenser explodiert und nicht unsere Soldaten. Das eigene Leben ist wichtiger.» Nach zwei Tagen habe er sich geweigert, den Anweisungen seines Vorgesetzten Folge zu leisten.
«Man kann nicht mehr klar denken»
CNN wurde von «Breaking the Silence» ermöglicht, mit dem betroffenen Truppenmitglied in Kontakt zu treten. Die Organisation bietet IDF-Kämpfern die Möglichkeit, sich zu Operationen zu äussern. Der Einsatz im Gazastreifen führe laut dem Mann dazu, dass viele abstumpfen würden.
«Es ist ziemlich schockierend, aber nach ein paar Monaten im Gazastreifen neigt man dazu, nicht mehr klar zu denken. Man ist einfach müde. Natürlich ist es mir lieber, dass meine Soldaten leben. Aber, wissen Sie, so funktioniert die Welt nicht.» Die Tatsache, dass die Gefangenen wenig später freigelassen wurden, habe dem Soldaten deutlich gemacht, dass sie keine Verbindung zur Hamas hätten, «dass sie keine Terroristen sind».
Armee zweifelt Schilderungen an
Die gefangenen Palästinenser schildern, dass sie teilweise gefesselt in potenziell verminte Gebäude geschickt wurden. «Sie benutzten mich als menschlichen Schutzschild und brachten mich in zerstörte Häuser, an Orte, die gefährlich sein oder Landminen enthalten könnten.»
In einer Erklärung teilte das israelische Militär dem Sender CNN mit: «Die Weisungen und Richtlinien der IDF verbieten es strikt, inhaftierte Zivilisten aus dem Gazastreifen für militärische Operationen zu verwenden. Die entsprechenden Protokolle und Anweisungen werden den Soldaten im Feld während des Konflikts immer wieder erläutert.»
Alle von CNN interviewten Palästinenser wurden schliesslich freigelassen.