«Sie werden Leute wie mich töten»
Junge Bürgermeisterin (27) wartet auf Tod durch Taliban

Während die Menschen zu Tausenden aus Afghanistan fliehen, bleibt die jüngste Bürgermeisterin des Landes in ihrer Heimatstadt. Eine Flucht ist nicht mehr möglich. Die Frau befürchtet nun, dass die Taliban sie töten werden.
Publiziert: 18.08.2021 um 10:17 Uhr
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Aktualisiert: 18.08.2021 um 12:40 Uhr
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Die jüngste Bürgermeisterin von Afghanistan, Zarifa Ghafari (27), fürchtet nach der Machtübernahme der Taliban um ihr Leben.
Foto: AFP

Nachdem die Taliban am Sonntag auch die afghanische Hauptstadt Kabul eingenommen haben, versinkt das Land im Chaos. Viele Menschen wollen fliehen und steuern dabei den internationalen Flughafen Kabul an – es ist die letzte Möglichkeit für Afghanen, das Land zu verlassen. Denn die neuen Herrscher haben bereits alle Grenzübergänge unter ihre Kontrolle gebracht. In ihrer Verzweiflung klammern sich die Menschen sogar an startende Flugzeuge.

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Trotz der erdrückenden Gefahr bleibt Zarifa Ghafari (27) in Afghanistan. Sie ist die jüngste Bürgermeisterin des Landes und leitet die Stadt Maidan Sharh in Zentralafghanistan. Wie sie gegenüber der britischen Zeitung «iNews» sagt, habe sie nicht versucht zu fliehen. Der Grund: Sie kann nirgendwo hin!

«Ich sitze hier und warte darauf, dass sie kommen», sagt die junge Frau gegenüber der Zeitung. Es gebe niemanden, der ihr oder ihrer Familie noch helfen könnte. «Sie werden kommen, um Leute wie mich zu töten.» Die junge Frau hat seit ihrem politischen Aufstieg schon mehrere Attentate der Taliban überlebt. Ihr Vater wurde im November von den Islamisten hingerichtet.

Attentate der Taliban überlebt

Zarifa wurde 2018 zur ersten Bürgermeisterin des Landes gewählt. Noch vor drei Wochen hatte sie sich positiv zur Zukunft ihres Landes geäussert. «Junge Leute wissen, was passiert. Sie haben soziale Medien. Sie kommunizieren. Ich denke, sie werden weiter für den Fortschritt und unsere Rechte kämpfen», sagte sie.

Mit der erneuten Herrschaft der Taliban dürfte sich nun aber einiges ändern.

Durften Haus nur noch mit Burka verlassen

Laut dem Schweizer Nahost-Experten Erich Gysling (85) dürften die Rechte der Frauen und Mädchen unter der Herrschaft der Taliban stark beschnitten werden. Zwar habe die Gruppierung versprochen, dass Mädchen beispielsweise weiterhin zur Schule gehen könnten. «Doch es stellt sich die Frage, welche sie besuchen und was sie dort überhaupt lernen dürfen», sagt Gysling.

Denn: Als die islamistische Gruppierung zuletzt an der Macht war, durften sie das Haus nur noch mit Burka verlassen, in der Öffentlichkeit nicht mehr sprechen und nicht mehr arbeiten. Ihnen war der Kontakt zu Männern verboten, die nicht blutsverwandt oder angeheiratet waren. (bra)

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