In der Ukraine tobt der Krieg. Gegen Aggressor Russland hagelt es Sanktionen. Auch gegen die russischen Superreichen, die Oligarchen.
Doch so einfach ist das nicht mit den Sanktionen gegen diese Oligarchen, wie das Beispiel Grossbritannien zeigt. Denn es daure «Wochen und Monate», bis die Briten die russischen Superreichen sanktionieren können, wie «The Times» am Donnerstag berichtet. Die Rede ist von Milliardär Roman Abramowitsch (55) sowie anderen Oligarchen. Abramowitsch steht aktuell in den Schlagzeilen, weil er den Londoner Fussballclub Chelsea verkaufen will.
Der Grund für die Verzögerung bei den geplanten Sanktionen gegen die Oligarchen: Das britische Auswärtige Amt sowie die National Crime Agency hätten zu beweisen versucht, dass es Gründe für Sanktionen gegen die namhaftesten Oligarchen des Vereinigten Königreichs gebe, so die Zeitung weiter – doch dies sei den Behörden misslungen. Denn es sei ihnen schwergefallen, eine direkte Verbindung zwischen den Finanzen besagter Oligarchen und dem Putin-Regime herzustellen.
Yacht festgenagelt
Aber nicht nur wegen dieser Nachricht aus Grossbritannien sind die Oligarchen, diese Krösusse, deren Konten eingefroren und Yachten konfisziert werden, in aller Munde. Einer, der bereits Opfer von Sanktionen wurde, ist Milliardär Alisher Usmanow (68). Der Russe verdient unteren anderem in der IT- und der Telekommunikationsbranche seine Brötchen.
Auch wenn diese Oligarchen ständig in den Schlagzeilen stehen: Was bedeuten die Begriffe «Oligarchie» und «Oligarch» konkret? «Politiklexikon für junge Leute» erklärt, dass das Wort «Oligarchie» aus dem Griechischen kommt und «Herrschaft von wenigen» bedeutet. Die Bezeichnung «Oligarch» komme etwa in der Wirtschaft zum Zuge, so das Lexikon weiter. Anfangs der 1990er war das Ende der Sowjetunion. Anschliessend seien gewisse Personen dank Käufen von Industriebetrieben oder Energie-Unternehmen extrem reich geworden.
Somit sei der Begriff «Oligarchen» oder «Oligarchinnen» kreiert worden. Denn: «Sie hatten wichtige Teile der russischen Wirtschaft erworben und trachteten danach, dass niemand anderer in diesen Bereichen mächtig werden konnte», steht auf dem Online-Portal des Lexikons. Die «Südwest Presse» fügt zum Thema «Oligarchen» hinzu, dass in Russland «sehr wohlhabende und einflussreiche Personen» so bezeichnet würden. Zu ihrem Wohlstand seien sie meist durch Öl oder Gas gekommen.
«Dem Sitz der Macht in Russland nahestehen»
Oligarchen-Experte Thomas Graham sagte 2018 zu CNN, dass Oligarchen «reiche russische Geschäftsleute» seien, «die dem Sitz der Macht in Russland nahestehen. Fast jeder reiche russische Geschäftsmann ist ein Oligarch, denn in Russland besteht eine enge Beziehung zwischen privatem Reichtum und öffentlicher Macht.»
Schon viel früher wurde der Begriff des Oligarchen in den USA verwendet: Während des Wirtschaftsbooms im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert seien Menschen so genannt worden, die regional ihre ganz eigenen Regeln durchsetzten, schreibt die «Stuttgarter Zeitung».
Im Artikel von 2018 erklärt Experte Thomas Graham, ein US-Amerikaner, bei CNN auch den Unterschied zwischen Superreichen in den USA und jenen in Russland: «Der Unterschied in unserem Land ist, dass wir Institutionen haben.» Die USA hätten unabhängige Gerichtssysteme. «Man kann versuchen, die Politik zu beeinflussen, aber man muss keinen Zugang zur politischen Macht haben, um sein Eigentum zu schützen.»
In den USA könne man ein reicher Geschäftsmann sein – «und sich keine Sorgen um seine Kontakte zur Regierung machen», erklärt Graham weiter gegenüber «CNN». In Russland sei das ein bisschen anders: «Jede geschäftliche Entscheidung, die du triffst, musst du mit deinen Kontakten im Kreml absprechen. Die Regierung kann dir deinen Oligarchen-Status aberkennen.»
Oligarchen erheben Stimme gegen Putin
Wie die «Stuttgarter Zeitung» weiter schreibt, sei nach Wladimir Putins (69) Amtsantritt im Mai 2000 eine enge Verbandelung zwischen dem Staatschef und seinen Superreichen entstanden: Die «wirtschaftliche Machtelite» sei unter dem neuen Präsidenten zu einer «zentralen Stütze und Säule des Herrschaftssystems» geworden. Der Deal: Putin sorgt dafür, dass die Oligarchen ökonomische Vorteile und Monopole erhalten – dafür müssen sich die Superreichen zu «bedingungsloser politischer Unterstützung» verpflichten.
Doch nun, nach der Invasion in der Ukraine, würden einige Oligarchen gegen Putin Stimme erheben, so die Zeitung weiter. Medienmogul Jewgeni Lebedew (40) habe etwa einen offenen Brief an Putin verfasst. Darin steht: «Als Bürger Russlands bitte ich Sie, den Zustand zu beenden, in dem Russen ihre ukrainischen Brüder und Schwestern töten.» Die aufkommende Kritik sei naheliegend, so die Zeitung. Denn die Sanktionen des Westens würden die Oligarchen besonders hart treffen. Konkret: Die russischen Oligarchen haben Angst um ihr Geld.