Mehrere Auslandschweizer haben in den vergangenen Wochen in Thailand für üble Schlagzeilen gesorgt. Manfred K.* (45) soll einer Thailänderin in den Rücken getreten haben, weil sie auf seiner Treppe sass. Beat L.* (60) soll eine Thailänderin spitalreif geprügelt haben, weil die an Krücken gehende Frau ihn darauf hinwies, dass er sie angerempelt habe. Wolfgang J.* (53) soll seine thailändische Ehefrau im Streit ermordet haben. Dies führt zu einem regelrechten Shitstorm gegen die Schweiz. So stehen in den lokalen sozialen Netzwerken unter vielen Polizeimeldungen Kommentare im Stil von: «War es wieder ein Schweizer?»
Auch in der Schweiz löst die Berichterstattung heftige Reaktionen aus. Einige Berichte in der Blick-Kommentarspalte malen ein düsteres Bild des Schweizer Image. So schreibt jemand: «Ich habe mich in Anwesenheit von Schweizern schon oft geschämt, den Schweizer Pass zu haben.» Doch ein Grossteil der Kommentatoren fühlt sich als Schweizer zu Unrecht angegriffen. Etwa wird geschrieben: «Alle in einen Topf», «Jedes Land hat nun mal seine weissen und schwarzen Schafe» und «Wegen drei Personen sind die Schweizer dort nicht die Problem-Ausländer».
Seitenhieb auf Schweizer Sauber-Image
Der Schweiz-Thailänder Doppelbürger Soontorn Leoni (52) wurde zwar in Thailand geboren, verbrachte aber die erste Hälfte seines Lebens in der Schweiz. Mit Mitte 20 wanderte er nach Thailand aus. Er gründet eine Familie und baut seine eigene Firma auf. Im Gespräch mit Blick erzählt er, dass die aktuellen Schlagzeilen in seinem Umfeld kein grosses Thema seien. «Es ist eher ein kleiner, witziger Seitenhieb auf das saubere Schweizer Image: ‹Ach, ihr habt auch schwarze Schafe.›»
Trotzdem ist es Leoni wichtig, dass man die Vorfälle ernst nimmt. «Es kommt vor, dass reiche Ausländer glauben, sie stünden über dem Gesetz, und sich arrogant benehmen. Dann muss man angemessen reagieren.» Dennoch glaubt er nicht, dass Thailänder die Schweizer gesamthaft als Problem ansehen. «Es könnte sein, dass diese Vorfälle zu einer vorübergehenden negativen Wahrnehmung führen. Aber es wäre unfair, alle Auslandschweizer aufgrund der Taten einiger weniger zu verurteilen.» Die überwiegende Mehrheit der 11'000 Schweizer in Thailand lebe vorbildlich und respektvoll. «Wir sollten uns darauf konzentrieren, solche Vorfälle zu verhindern und das positive Image der Schweiz in Thailand zu bewahren.»
Keine generelle Zunahme von Problemen
Christian Brunner, Präsident der Swiss Society Bangkok, warnt indes vor einer Vorverurteilung und spricht dabei spezifisch den Fall Manfred K. an: «Er hat sich eindeutig danebenbenommen. Aber mir missfällt, dass er von den Medien und der öffentlichen Meinung verurteilt wird, bevor er sich richtig verteidigen konnte. Er bestreitet ja, die Frau gestossen zu haben.» Brunner selbst habe wegen der Vorfälle keine Feindseligkeiten erlebt. «Ich wurde auch schon darauf angesprochen, aber deswegen angefeindet ganz sicher nicht.» Ganz im Gegenteil: «Ich habe mich hier immer sehr willkommen gefühlt.»
Dies bestätigt auf Anfrage auch die Schweizer Botschaft gegenüber Blick. «Es gibt keine generelle Zunahme von Problemen zwischen Schweizern und Thais», so die Botschaft. Die Vorkommnisse der vergangenen Wochen seien, soweit man es beurteilen könne, eine zufällige Häufung. Und weiter: «Wir haben bisher keine Hinweise auf ein generelles Imageproblem der Schweiz in Thailand.» Die Botschaft sei von den Behörden diesbezüglich auch nicht kontaktiert worden.
Dass sich Schweizer in Thailand mutmasslich zunehmend danebenbenehmen, kann daran liegen, dass es dort einfach immer mehr Eidgenossen gibt. Per Ende 2023 waren 10'748 Schweizerinnen und Schweizer bei der Botschaft angemeldet. Ende 2018, waren es noch 9570. Das entspricht innert fünf Jahren einer Zunahme um über zwölf Prozent.
Trotz rotem Pass gelten aber für Schweizer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die sich in Thailand aufhalten, grundsätzlich die thailändischen Gesetze und Vorschriften. Die Botschaft hält fest: «Sie müssen sich gegenüber den thailändischen Behörden verantworten, wenn sie in Thailand straffällig werden.»
* Name geändert