Der Afroamerikaner Daniel Prude (†41) kam im März 2020 bei einem Polizeieinsatz ums Leben. Er erstickte, nachdem die Beamte ihn mit Handschellen fesselten, ihm einen Sack über den Kopf stülpten und ihn dabei minutenlang gegen den Boden drückten, schreibt CNN. Der Vorfall ereignete sich in Rochester (US-Bundesstaat New York).
Der psychisch Kranke war bei seinem älteren Bruder Joe Prude zu Besuch. Er erlitt in der Nacht auf den 23. März mehrere Anfälle. Nachdem Daniel Prude um 3 Uhr morgens fluchtartig das Haus seines Bruders verliess und nackt auf der Strasse rumrannte, alarmierte Joe Prude die Ambulanz. «Daniel wird vermisst, helft mir, er hat psychische Störungen», soll er dem Notdienst gesagt haben. Kurze Zeit später konnten mehrere Polizisten den Mann anhalten.
Prude wehrt sich nicht gegen Verhaftung
Die von der Familie des Verstorbenen erst jetzt veröffentlichten Aufnahmen der Polizei-Bodycams zeigen nun den genauen Hergang. Ein Beamte steigt aus dem Streifenwagen, geht auf Prude zu und bittet ihn sechs Mal, sich auf den Boden zu legen, während er einen Taser auf ihn richtet.
Prude gehorcht sofort und legt die Hände auf den Rücken. Der Beamte legt ihm die Handschellen an. Der 41-Jährige ist sichtlich verstört. «Ich bete zu Jesus Christus», ruft er und spricht über Geld für ein Flugzeug. Dann bittet der Mann, der nach wie vor nackt auf dem nassen Asphalt liegt, die Polizisten, ihm die Waffen zu geben und prahlt vor ihnen mit seinem «grossen Penis».
Während die Polizisten um ihn herum stehen, wird Prude immer lauter und beginnt zu spucken. Einer der Polizisten holt einen sogenannten Spuckschutz aus dem Auto und stülpt dem Verhafteten den Sack über den Kopf. Wie später bekannt wird, habe Prude den Polizisten offenbar gesagt, dass er das Coronavirus habe. Der Spuckschutz sollte demnach vor einer Infektion schützen.
Drei Polizisten drücken Prude zu Boden
Als er kurze Zeit später aufzustehen versucht, bringen ihn die Beamten wieder zu Boden. Dabei drückt der Beamte Mark Vaughn Prudes Kopf auf den Asphalt. Der andere Polizist – Troy Talladay – rammt Prude sein Knie in den Rücken. Der dritte Mann hält die Beine fest.
Prudes Bitte, die Kapuze abzunehmen, bleibt ohne Erfolg: «Ich kann nicht atmen», ist im Schockvideo zu hören. «Hören Sie auf und beruhigen Sie sich», sagt der Polizist daraufhin zu Prude.
Mehr als zwei Minuten später stellt einer der Beamten fest, dass der Mann sich nicht bewegt, und ruft den Notarzt. Dieser beginnt zunächst mit einer Herzdruckmassage, anschliessend wird Prude in die Ambulanz verlagert und ins Spital gefahren. Doch die Hilfe kommt zu spät. Der 41-Jährige wird für hirntot erklärt. Eine Woche später – am 30. März – werden die lebenserhaltenden Maschinen abgestellt.
Berichten zufolge habe der zuständige Gerichtsmediziner den Tod des Mannes als Mord bezeichnet. Im Autopsiebericht ist von Komplikationen durch Erstickung die Rede.
«Das war ein Lynchmord»
Sieben Polizisten sind nun vom Dienst suspendiert worden, sagte die Bürgermeisterin von Rochester. Die Familie des Verstorbenen fordert nun die Verhaftung aller beteiligten Polizeibeamten. Das Video zeige, wie die Beamten Daniel verspotteten, ihn in Handschellen, mit einer Tüte über dem Kopf, nackt auf dem Boden liegen liessen, sagen die zuständigen Anwälte. Sie bereiten eine Klage wegen Tötung vor.
New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo bezeichnete das Video in einer Mitteilung als «zutiefst verstörend». Er verlange Antworten, schrieb Cuomo. Die Staatsanwältin des Bundesstaats New York, Letitia James, versprach eine «faire und unabhängige Untersuchung».
«Das war ein Lynchmord», sagt Joe Prude zum Portal «The Appeal». «Das war kaltblütiger Mord. Mein Bruder war ein liebevoller Mensch. Er war ein liebenswerter Kerl und ein verdammt guter Bruder. Er brachte die Leute zum Lachen. Was ihm widerfahren ist, hat er nicht verdient.»
Mehrere Schwarze bei Polizeieinsatz getötet
Seit der Veröffentlichung der Videoaufnahmen gehen in Rochester unzählige Menschen auf die Strasse. Für die Familie sei es traumatisch zu denken, dass sie um Hilfe gerufen haben und am Ende dieses Ergebnis bekamen, sagte einer der Aktivisten. «Wenn jemand um psychische Hilfe bittet, sollte das nicht dazu führen, dass Menschen ermordet werden.»
Der Vorfall reiht sich in eine Reihe von Todesfällen, bei denen Schwarze infolge von Polizeigewalt starben. Zuletzt wurde der 29-jährige Dijon Kizzee in Los Angeles erschossen.
Einige Tage zuvor schoss die Polizei dem Schwarzen Jacob Blake in der Stadt Kenosha im Bundesstaat Wisconsin mehrfach in den Rücken. Der Mann überlebte schwer verletzt. (man)