Schiffe sind schon am Auslaufen – Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zur Blockade
So profitiert Putin vom Getreidedeal

Endlich kann das in der Ukraine blockierte Getreide ausgeführt werden. Wird damit die Hungersnot gelindert? Was passiert, wenn der Deal scheitert? Blick sagt, was du über das Abkommen wissen musst.
Publiziert: 29.07.2022 um 19:11 Uhr
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Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (r.) besuchte mit den Botschaftern der G7-Staaten Odessa, wo beladene Schiffe zum Auslaufen bereit sind.
Foto: keystone-sda.ch
Guido Felder

Es ist eine kleine Hoffnung im Krieg: Russland und die Ukraine haben vergangene Woche mit den Vereinten Nationen und der Türkei ein Abkommen unterzeichnet, um Millionen Tonnen blockiertes Getreide auszuführen.

Was bedeutet dieser Deal? Blick liefert die Antworten zu den wichtigsten Fragen.

Warum ist der Getreidedeal so wichtig?

Seit der Invasion in die Ukraine blockieren die Russen in den Häfen am Schwarzen Meer 22 Millionen Tonnen Getreide aus der Vorjahresernte. Der Wert: rund zehn Milliarden US-Dollar. Mit dem Abkommen können Länder, in denen Hunger herrscht, beliefert sowie grosse Mengen von Getreide vor dem Verrotten bewahrt werden. Zusammen produzieren Russland und die Ukraine weltweit fast ein Drittel des Weizens und der Gerste sowie die Hälfte des Sonnenblumenöls.

Was steht im Getreideabkommen?

Russland und die Ukraine verpflichten sich, sichere Seekorridore für Getreidefrachter einzurichten und dort auf militärische Angriffe zu verzichten. Die drei ukrainischen Getreidehäfen Odessa, Tschornomorsk und Piwdenny sind wieder in Betrieb genommen worden. Der Deal gilt zunächst für vier Monate.

Warum hielt Putin das Getreide so lange zurück?

Die Russen sagen, dass die Ukrainer die Häfen vermint hätten und so ein Auslaufen zu gefährlich sei. Der russische Präsident Wladimir Putin (69) braucht das Getreide aber auch als Druckmittel. Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock (41) bezichtigt Putin eines «Kornkrieges, der eine globale Nahrungsmittelkrise anfacht». Die Welthungerhilfe bezeichnet das Vorgehen als «vorsätzliches Aushungern».

Wer kontrolliert die Getreidelieferungen?

In Istanbul gibt es ein gemeinsames Zentrum mit Beteiligung der UNO, Russlands, der Ukraine und der Türkei. Hier werden Schiffe darauf kontrolliert, dass sie keine Waffen geladen haben. Es dürfen nur Getreide, Lebensmittel, Dünger und Ammoniak transportiert werden.

Wie profitiert Putin vom Deal?

Mit dem Deal spielt der Kreml-Chef sich gegenüber Afrika als Wohltäter auf. Es ist sein Ziel, afrikanische Staaten stärker an Russland zu binden und sie gegen den Westen aufzuhetzen. Der Deal wird aber wohl auch dazu führen, dass er einfacher russisches Getreide und Dünger exportieren kann. Bereits wird auch darüber spekuliert, dass ihm der Westen die Einfuhr von Teilen für die zivile Luftfahrt erlauben soll.

In welchen Ländern droht Hungersnot?

Wegen des fehlenden Getreides, aber auch wegen massiver Dürre, sind vor allem Länder in Ostafrika und Asien betroffen. Besonders dramatisch ist die Situation in Somalia, Jemen, Südsudan, Madagaskar und Afghanistan. Saskia Kobelt, Spezialistin für Internationale Programme bei Unicef Schweiz und Liechtenstein, sagt gegenüber Blick: «Die Preise für Speiseöl, Brot und Weizenmehl erreichen am Horn von Afrika bereits Rekordwerte.»

Wie weit kann der Deal die Not lindern?

Laut Saskia Kobelt werden sich die Preise nicht wesentlich ändern. Der Deal werde nicht dazu beitragen, dass die Mehrheit der Millionen Menschen, die kurz vor einer Hungersnot stünden, nicht verhungerten. Dennoch: «Der Deal hilft Ländern in Not, kurz durchzuatmen.»

Wann laufen die Schiffe aus?

Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (44) laufen die ersten Schiffe am Freitag oder Samstag aus. Schon am Mittwoch ist ein syrisches Schiff mit Gerste in der libanesischen Hafenstadt Tripoli angekommen. Allerdings stammt die Ladung laut ukrainischen Angaben von der von Russland annektieren Halbinsel Krim. Die Ukraine geht daher davon aus, dass es sich um von der Ukraine gestohlenes Getreide handelt.

Was passiert, wenn der Deal scheitert?

In der Ukraine spricht man schon von einem Plan B. Das Getreide würde auf grossen Umwegen per Bahn und Lastwagen und über Donauhäfen exportiert. Die USA haben sich bereits bereit erklärt, die Ukraine dabei zu unterstützen.

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