Was die Russen nicht stehlen können, zerstören sie? Die Angaben sind nicht von unabhängiger Seite zu überprüfen. Mitte Juli wäre Erntezeit für Weizen in der Ukraine, doch gerade im umkämpften Südosten des Landes gehen derzeit ganze Felder in Flammen auf. Für die Welt bestimmtes Getreide wird zerstört, was die Angst vor einer globalen Hungerkrise noch verschärft.
«Russische Truppen setzen Getreidefelder in der fruchtbaren ukrainischen Region Saporischschja in Brand», schreibt Oleg Nikolenko auf Twitter, Sprecher des ukrainischen Aussenministeriums.
«Erinnern Sie sich jedes Mal an dieses Bild, wenn die Russen behaupten, dass sie sich um die weltweite Ernährungssicherheit sorgen», so Nikolenko. «Millionen von Menschen auf der ganzen Welt werden Hunger leiden – weil Russland einen brutalen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat.»
«Die Russen verbrennen unser Brot»
Das Foto vom riesigen brennenden Getreidefeld im Südosten des Landes hat Nikolenko von der Facebook-Seite des ukrainischen Journalisten und Politikers Ihor Lutsenko, der immer wieder Luftaufnahmen von Kampfzonen und Kriegsszenen postet.
Lutsenko schreibt dazu: «Die Russen verbrennen unser Brot.» Dazu würden die Invasoren besondere Streubomben verwenden: «Ein spezielles Geschoss fliegt durch die Luft», so Lutsenko. Das Geschoss habe ein «deutliches Geräusch, als ob es mit seinen Metallflügeln flattert, bevor es in der Luft explodiert und mehrere brennende Teile freisetzt, die langsam nach unten sinken und brennen.»
Die Geschosse «setzten dann das Feld in Brand. Nach mehreren Wochen heissen Wetters ist der Weizen trocken wie Zunder. Die Flammen ragen bis zu fünf Meter in die Höhe und erstrecken sich über Hunderte von Metern. Schwarzer Rauch breitet sich über viele Kilometer am Himmel aus.»
Millionen von Tonnen Getreide fehlen
Auf ukrainischen Social-Media-Kanälen sind viele Fotos von brennenden Feldern zu finden. Oftmals würden auch Dörfer und Siedlungen bombardiert – und das Feuer von Explosionen springe auf Felder über. Dies beschreibt Mykola Lukaschuk, Leiter des Regionalrats von Dnipro, der viertgrössten Stadt der Ukraine, auf Telegram. Wenn sich Feuer erst einmal ausbreite, würden jeweils Dutzende von Hektar Weizen zerstört.
Nach Angaben der Vereinten Nationen stecken rund 25 Millionen Tonnen Getreide in ukrainischen Silos und Häfen fest. Die Ernährung Asiens und Afrikas sei gefährdet. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) spricht zudem von mindestens einer halben Million Tonnen Getreide, die Russland aus den besetzten ukrainischen Gebieten gestohlen habe.
Aufgrund der Auswertung von Satellitenbildern schätzt die US-Raumfahrtbehörde Nasa, dass Russland inzwischen fast ein Viertel der ukrainischen Ackerfläche kontrolliere. Die Ukraine ist einer der grössten Produzenten der Welt von Getreide und Speiseöl. Sie produziert fast die Hälfte des weltweit verkauften Sonnenblumenöls. Vor dem Krieg war das Land der fünftgrösste Exporteur von Weizen. (kes)