Sechs Tote forderte der Bombenanschlag von Istanbul am Sonntag. Es hätten mehr werden können. Denn als die Bombe auf der belebten Flaniermeile Istiklal einschlug, war der Schweizer Kult-Musiker Müslüm (42) ganz in der Nähe. «Ich hatte heute Glück», schreibt Müslüm, der mit bürgerlichem Namen Semih Yavsaner heisst, auf Instagram.
Hotel knappe 200 Meter von Flaniermeile entfernt
«Ich war gerade mal zwei Metro-Stationen vom Ort der Tragödie entfernt», sagt Müslüm, der für einen Video-Dreh nach Istanbul gereist ist, zu Blick. Wenn er die Metro genommen hätte, wäre er exakt in die Strasse eingebogen, wo es passiert ist. Und das genau zum Zeitpunkt der Explosion. Sein Hotel sei nämlich knappe 200 Meter vom Ort des Attentats entfernt.
Eigentlich hätte alles dafür gesprochen, die Metro zu nehmen. «Doch aus irgendeinem Grund entschied ich mich intuitiv dagegen und ging stattdessen 22 Minuten zu Fuss.» Und das, obwohl er sich nach einer durchzechten Istanbuler Nacht nicht gerade in Topform befand. Als ihn dann seine Mutter, die in der Türkei wohnt, anrief und vom Bombenanschlag erzählte, sei es ihm «kalt den Rücken hinuntergelaufen».
Es sei «mystisch», dass er sich am Ende gegen die Metro entschieden hat. Dennoch sei er natürlich unheimlich dankbar, dass ihm nichts zugestossen sei: «Das Leben ist einfach ein Geschenk», so der Musiker mit türkischen Wurzeln.
Das Geschehene kommt der Kult-Figur immer noch surreal vor. Kurz bevor die Bombe hochgegangen sei, hätten die Behörden jedes einzelne Taxi kontrolliert. «Möglicherweise haben sie da schon Hinweise zu einem Bombenanschlag erhalten.»
«Die Leute sind enttäuscht»
Ob und wann Müslüm sein Musikvideo noch drehen könne, werde sich zeigen. Auch wenn der Anschlag «unendlich tragisch» sei, werde sein Lied dadurch ironischerweise aktueller denn je.
«Einer meiner neueren Songs handelt davon, dass das Leben begrenzt ist und ein Mysterium darstellt», erklärt der Berner. Sein Video sei jedoch zweitrangig. «Zuerst einmal ist es wichtig, dass es den Leidtragenden des Anschlags wieder bessergeht.»
Die Stimmung vor Ort sei nämlich zutiefst bedrückt. «Die Leute sind enttäuscht. Man merkt, dass es zermürbend für sie ist, dass Istanbul wieder von einem Anschlag heimgesucht wurde.»