Blutbad am beliebten Touristen-Hotspot: Ein Bomben-Anschlag in der türkischen Metropole Istanbul forderte sechs Menschenleben und mindestens 81 Verletzte.
Die türkische Regierung geht von Terrorismus aus. Zwar ist über die Hintergründe des Attentats nichts bekannt, allerdings konnte die Polizei die mutmassliche Täterin bereits festnehmen – und diese bekannte sich laut den türkischen Behörden zur Tat. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren.
Die Tat: Knall löst Massenpanik aus
Ereignet hat sich das Attentat im europäischen Stadtteil Istanbuls am Sonntagnachmittag gegen 16.20 Uhr (Ortszeit). Im Visier stand die Istiklal-Strasse. Die Strasse ist eine beliebte Shopping-Meile. Nach der Explosion wurden die Strasse abgesperrt und die Geschäfte geschlossen.
Auf Videos ist ein mächtiger Knall zu hören, diesem folgt ein gewaltigen Feuerwolke. In der Gegend rund um den Ort des Verbrechens waren Rettungssirenen zu hören. Die Bilder zeigen zudem einen grossen, schwarzen Krater sowie mehrere auf dem Boden liegende Menschen.
Unmittelbar nach der Explosion rannten die Passanten in Panik davon. Anschliessend wurde das Stadtzentrum weiträumig abgeriegelt. Helikopter überflogen die Einkaufsmeile und angrenzende Stadtteile am frühen Abend.
Die Tatverdächtige: Ahlam A. gesteht Anschlag
Wie die türkischen Behörden mitteilen, konnte am frühen Montagmorgen eine Tatverdächtige festgenommen werden. Dabei handelt es sich um die Syrerin Ahlam A.* Sie soll die Bombe deponiert haben. Videoaufnahmen zeigten, wie eine Frau etwa 40 Minuten lang auf einer Bank sitze und wenige Minuten vor der Explosion aufstehe, sagte Justizminister Bekir Bozdag (57).
Die Polizei hat laut eigenen Angaben in Zusammenhang mit dem Anschlag bisher 46 Personen festgenommen. Hinter dem Attentat steckt nach Darstellung der Regierung die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK.
Wie der öffentlich-rechtliche Sender TRT am Montagvormittag berichtet, gestand Ahlam A. die Tat und ihre Verbindungen zur syrischen Kurdenmiliz YPG ein. Sie sei im Auftrag der YPG illegal in die Türkei eingereist, um den Anschlag zu verüben. Die Türkei setzt die YPG mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK gleich. Die Miliz selbst behauptet, unabhängig zu sein. Bei der Verhaftung in einer Wohnung seien eine Pistole, Munition und ein grosser Geldbetrag beschlagnahmt worden.
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Innenminister Süleyman Soylu (52) kündigte Vergeltung an. Auch Präsident Recep Tayyip Erdogan (68) hatte kurz nach dem «hinterhältigen Anschlag» versichert: «Die Verantwortlichen werden die Strafe bekommen, die sie verdienen.»
Am Montag veröffentlichte die kurdische Nachrichtenagentur Firatnews ein Statement der PKK. Die Arbeiterpartei bestreitet, dass sie in irgendeiner Weise etwas mit der Bluttat zu tun habe. «Unsere Leute und die Öffentlichkeit wissen, dass wir keine Zivilisten angreifen und dass wir Angriffe auf Zivilisten nicht dulden», heisst es im Statement.
Die PKK steht in der Türkei, Europa und den USA auf der Terrorliste. Die Kurdenmiliz YPG wiederum wird von den USA nicht als Terrororganisation angesehen, sondern ist für sie Partner im syrischen Bürgerkrieg im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Der seit 1984 andauernde Konflikt zwischen der PKK und der Türkei kostete bislang Zehntausenden Menschen das Leben. Ein Waffenstillstand war im Sommer 2015 gescheitert.
Die Opfer: Neunjähriges Mädchen stirbt
Nach offiziellen Angaben wurden bei der Explosion sechs Menschen getötet und 81 weitere verletzt – einige davon schwer. 39 Verletzte seien inzwischen aus dem Spital entlassen worden, schreibt der türkische Gesundheitsminister Fahrettin Koca (57) auf Twitter. Von den 42 Personen, die noch behandelt wurden, befanden sich fünf auf der Intensivstation.
Der türkische Innenminister Soylu gab auch die Namen der Todesopfer bekannt: Unter ihnen befanden sich etwa Yusuf M.* (†34) und seine Tochter Ecrin (†9), wie türkische Medien berichten. M. war für das türkische Ministerium für Familie und Soziales tätig.
Unter den Opfern des Anschlags befanden sich nach aktuellem Kenntnisstand keine Schweizer, wie das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf Anfrage von Blick schreibt. Man stehe allerdings mit den Behörden vor Ort in Kontakt.
Der Tatort: Flanierstrasse erneut ins Visier genommen
Die Einkaufsmeile Istiklal im Quartier Beyoglu gilt sowohl unter Touristen als auch Einheimischen als beliebte Flanierstrasse. Auch sonntags herrscht in der Regel grosses Gedränge. Einige europäische Konsulate – wie etwa Frankreich, Russland oder Griechenland – befinden sich an dieser Strasse. In der Regel herrscht eine enorm hohe Polizeipräsenz. Am Tag des Attentats tummelten sich auch einige Fussballfans an der Istiklal-Strasse. Am Abend war ein Spiel von Besiktas Istanbul im nahe gelegenen Stadion angesetzt. Die Partie wurde danach aus Sicherheitsgründen abgesagt.
Es war nicht das erste Mal, dass an diesem Touristen-Hotspot eine Bombe hochging. Im März 2016 riss eine Explosion vier Touristen und einen türkischen Selbstmordattentäter in den Tod. 39 Menschen wurden bei diesem Anschlag verletzt. Gemäss der türkischen Regierung bestanden Verbindungen zwischen dem Attentäter und der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die Organisation selbst bekannte sich damals allerdings nicht zum Anschlag.
Die türkischen Medien: Berichterstattung ausgesetzt
Die türkische Rundfunkbehörde Rtük verhängte am Sonntagabend eine vorläufige Nachrichtensperre. Der angegebene Grund: Man möchte Panik und Angst in der Bevölkerung vermeiden. Lediglich Interviews mit Ministern wurden diesbezüglich noch ausgestrahlt. Laut oppositionellen Medien habe die Polizei Dreharbeiten im Stadtzentrum ohne explizite Genehmigung unterbunden.
Zudem reduzierten die türkischen Behörden am Abend des Anschlags die Bandbreite für Social-Media-Plattformen. Die Folge: Instagram oder Twitter waren für die Nutzerinnen und Nutzer deutlich langsamer zu erreichen. Zugleich seien Ermittlungen gegen einige Personen eingeleitet worden, die auf den sozialen Medien «negative Berichte» zum Ereignis verbreitet hätten.
* Name bekannt