Putins Zensur hat mittlerweile einen traurigen Höhepunkt erreicht. Wer «Falschinformation», also Informationen, die der Kreml nicht hören will, über die aktuell im Krieg kämpfenden russischen Streitkräfte verbreitet, kann mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden.
Auch der Zugang zu den sozialen Netzwerken Facebook und Twitter wurde im ganzen Land gesperrt. Offiziell herrscht kein Krieg in der Ukraine, sondern die Russen führen vor Ort eine «Spezialoperation» durch.
Dagegen wehren sich viele Russen. Sie gehen auf die Strasse, protestieren gegen den Krieg und das sinnlose Töten. Die russischen Behörden gehen aber immer wieder hart gegen kremlkritische Demonstranten vor. Wie hart, zeigt die Verhaftung der russischen Aktivistin Aleksandra Kaluzhskikh (26).
Sie nahm am Wochenende an einer Antikriegsdemonstration in Moskau teil – und wurde kurzerhand festgenommen. Die junge Frau wurde von der Polizei geschlagen sowie verbal und auf sexistische Art und Weise beleidigt. Die russische Zeitung «Novaya Gazeta» veröffentlichte eine Audio-Aufnahme sowie ein Protokoll des brutalen Polizeiverhörs.
Mehrmals schlugen sie auf die wehrlose Frau ein
«Sie schlugen mich auf die Beine und auf den Hinterkopf», sagte Kaluzhskikh gegenüber dem Sender Sota. Die Polizisten hätten sie auch an den Haaren gepackt und herumgezogen. Das ist auch aus dem Protokoll zu entnehmen. «Aua, meine Haare, das tut weh!», schreit Kaluzhskikh auf. Die Beamten interessierte das nicht. Einer machte sich über sie lustig und sang vor sich her «Es tut weh, es tut weh.» Danach sagte er über sie: «Sie hat sich seit einer Woche nicht gewaschen! Die sind alle so! Seht sie euch alle an!»
Immer wieder löcherte die Polizei die Aktivistin mit denselben Fragen. Sie wollten wissen, wo Kaluzhskikh wohnt, wie ihre Telefonnummer lautet und wie sie von der Demo erfahren habe. Sie weigert sich und antwortet nicht. Stattdessen verweist sie auf den Artikel 51 der russischen Verfassung, der vor Selbstbezichtigung schützt.
Doch die Beamten akzeptierten kein Nein. Sie werden wütend und schliesslich handgreiflich. Die Polizisten schlagen auf die wehrlose Frau ein. «Das Geräusch eines weiteren Schlags», heisst es mehrere Male im Geheimprotokoll des Verhörs.
«Sieh dir deine gottverdammten Titten an»
Doch die Aktivistin war nicht nur körperlicher Gewalt ausgesetzt – Kaluzhskikh wurde auch aufs Übelste beschimpft. «Sieh dir deine gottverdammten Titten an, als würden dir die Euter raushängen! Sieh dich doch mal an, verdammt noch mal. Verdammter Affe», beleidigte sie einer der Beamten. Ein anderer sagt: «Ich glaube, es macht sie an, dass wir sie verprügeln.»
Zwei weitere junge Frauen sahen dabei zu, wie die Aktivistin im Raum gefoltert wurde. Kaluzhskikh wurde anschliessend aus dem Gewahrsam entlassen.
Dass die Polizisten für ihre Brutalität zur Verantwortung gezogen werden, darüber machen sich die Beamten keine Sorgen. «Glaubst du, wir kriegen deswegen Ärger? Putin hat uns befohlen, all diese Dummköpfe zu töten. Das war's! Putin ist auf unserer Seite! Ihr seid die Feinde des russischen Volkes, okay, verdammte Feinde des Staates. Ich werde euch verdammt nochmal töten, okay, und das wars», so der wutentbrannte Beamte. (dzc)