Sie fordern ein Ende des Tötens und wehren sich gegen Wladimir Putins (69) Feldzug in der Ukraine. Erneut sind Tausende Russen auf die Strasse gegangen, um gegen den Krieg zu demonstrieren.
Nach Angaben von Bürgerrechtlern wurden dabei mehr als 4400 Menschen festgenommen. 2035 von ihnen seien in der Hauptstadt Moskau festgesetzt worden, 1150 in der Ostsee-Metropole St. Petersburg, teilte die Organisation Owd-Info am späten Sonntagabend mit.
Insgesamt habe es Proteste in mehr als 60 russischen Städten gegeben. Das Innenministerium hatte zuvor von landesweit rund 5200 Teilnehmern und mehr als 3500 Festnahmen bei den nicht genehmigten Kundgebungen gesprochen.
13'000 Festnahmen bei kremlkritischen Protesten
Das Team des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny (45) veröffentlichte auf Youtube Videos – darunter eines von einer Gruppe älterer Frauen, die «Nein zum Krieg!» rufen. Insgesamt sollen nach den Angaben von Owd-Info seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine vor anderthalb Wochen rund 13'000 Menschen bei den kremlkritischen Protesten in Russland festgenommen worden sein.
Die russischen Behörden gehen immer wieder hart gegen kremlkritische Demonstranten vor. Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine wurden im flächenmässig grössten Land der Erde laut Owd-Info bereits mehrere Tausend Menschen festgenommen.
Angesichts der Proteste gegen den Einmarsch in die Ukraine auch im eigenen Land hat der Kreml die russische Bevölkerung aufgerufen, sich hinter Präsident Putin zu stellen. «Jetzt ist nicht die Zeit, um gespalten zu sein», sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow (54). «Jetzt ist es an der Zeit, sich zu vereinen. Und sich hinter unserem Präsidenten zu versammeln.»
«Wir werden jedes Wochenende hier sein»
Nicht nur in Russland, sondern weltweit sind am Wochenende Tausende Menschen auf die Strasse gegangen. In der belgischen Hauptstadt Brüssel demonstrierten am Sonntag laut Polizeiangaben rund 5000 Menschen. Auch in Spanien gab es in mehreren Städten Demonstrationen, ebenso wie in Frankreich.
Bereits am Samstag demonstrierten in Hamburg (D) laut Polizei rund 30'000 Menschen für Solidarität mit der Ukraine und für den Frieden in Europa. An einer gemeinsamen Kundgebung der Nachbarstädte Mannheim und Ludwigshafen nahmen mehr als 10'000 Menschen teil und in vielen weiteren deutschen Städte gab es ebenfalls Demonstrationen. Auch am Sonntag gab es bundesweit zahlreiche Aktionen, unter anderem in Berlin.
In Paris zeigten sich die Menschen zu weiteren Protesten entschlossen: «Wir werden jedes Wochenende hier sein, in Paris oder anderswo, bis Putin geht, seine Panzer abzieht», sagte Aline Le Bail-Kremer, ein Mitglied der Organisation Stand With Ukraine, am Samstag. Nach Angaben des französischen Innenministeriums demonstrierten am Samstag landesweit rund 42'000 Menschen.
In der kroatischen Hauptstadt Zagreb versammelten sich am Samstag mehr als tausend Menschen zur Unterstützung der Ukraine und hielten Schilder mit der Aufschrift «Stoppt den Krieg, rettet Europa» und «Ruhm der Ukraine» hoch. Viele Demonstranten wickelten sich in blau-gelbe Flaggen.
«Nein zu Putin, Nein zur Nato»
In Kasachstan gaben die Behörden, die politische Demonstrationen regelmässig verbieten, überraschend grünes Licht für eine Grossdemo in der Metropole Almaty. Am Samstag versammelten sich dann über 2000 Menschen, sangen die ukrainische Nationalhymne und skandierten Friedensslogans und teils auch Putin-Beleidigungen.
Die politische Führung Kasachstans gilt als Putin-treu. Zuletzt betonte das kasachische Aussenministerium aber seine Neutralität im Ukraine-Konflikt und lud den britischen Botschafter zu Gesprächen ein, nachdem in Grossbritannien Forderungen nach Sanktionen gegen Verbündete Länder Russlands laut geworden waren. Genannt wurden explizit Kasachstan und Aserbaidschan.
In Rom stand am Samstag auf vielen Schildern und Plakaten von Teilnehmern an einem Friedenszug: «Nein zu Putin, Nein zur Nato.» Der bekannte italienische Karikaturist, Schauspieler und Schriftsteller Vauro Senesi (66) sprach von einer «echten Friedensdemonstrationen»: «Hier glaubt niemand, dass man Frieden mit Waffen schliesst, dass man ihn erreicht, indem man Waffen an eine der Parteien, die Ukraine, schickt.»
Totales Embargo für Russland gefordert
Unter dem Motto «Frieden jetzt» versammelten sich in Zürich am Samstag nach Angaben der Schweizer Nachrichtenagentur Keystone-SDA mehr als 40'000 Teilnehmer in der Innenstadt. Die Demonstranten forderten einen sofortigen Waffenstillstand, diplomatische Verhandlungen und den Abzug der russischen Truppen, wie der TV-Sender SRF berichtete.
In London versammelten sich am Samstag Hunderte Demonstranten am bekannten Trafalgar Square. Sie hielten ukrainische Flaggen und Schilder mit der Aufschrift «Putin tötet» oder «Totales Embargo für Russland».
Am New Yorker Times Square demonstrierten rund tausend Menschen mit Sonnenblumen und Schildern, auf denen sie dazu aufriefen, «den russischen Terrorismus zu stoppen». Am Sonntag gab es auch in der Hauptstadt Washington Proteste. (SDA/AFP/jmh)