Es ist der wohl berühmteste Vermisstenfall Deutschlands: Die damals 15-jährige Rebecca Reusch verschwindet 2019 spurlos, nachdem sie die Nacht bei ihrer grossen Schwester verbracht hatte. Bis heute wird nach der jungen Frau gesucht. Nun macht der Profiler Axel Petermann der Familie von Rebecca Vorwürfe. Er findet, sie kooperiere zu wenig.
Seine Worte richten sich klar an die Familie und nicht an die Berliner Polizei. Sein Hauptkritikpunkt ist das Foto, das die Familie den Ermittlern damals zur Verfügung stellte – und das um die Welt ging. Darauf ist zwar Rebecca zu sehen, aber mit einem Filter, der ihr Gesicht völlig verfremdet. «Wieso sollten Ermittler ein anderes Bild nehmen, wenn sie dieses für Fahndungszwecke erhalten? Sie können ja nicht wissen, dass Rebecca tatsächlich so nicht wirklich aussieht», sagt der Profiler zu RTL.
Auch der Berliner Kriminalwissenschaftler Christian Matzdorf gibt dem Profiler recht. Die Rolle der Familie sei in diesem Fall zentral und aus verschiedenen Perspektiven nicht immer optimal gewesen. Die Kritik bezieht sich vor allem auf den Fakt, dass die Familie Reusch den Hauptverdächtigen im Fall, Rebeccas Schwager Florian R.*, durch und durch verteidigt. Und das, obwohl viele Beweise gegen ihn sprechen.
Nach Sexpraktiken gegoogelt
Rebecca Reusch soll zuletzt mit ihrem Schwager alleine im Haus der Schwester Rebeccas gewesen sein. Die Ermittler gehen nicht davon aus, dass die Jugendliche das Haus lebend verlassen hat.
Im Laufe der Ermittlungen war zudem bekannt geworden, dass Florian R. kurz vor dem Verschwinden von Rebecca nach «Strangulationspraktiken beim Geschlechtsverkehr» gegoogelt hat. Als man kurze Zeit darauf bei einer Hausdurchsuchung den Gürtel eines Bademantels nicht fand, rückte der Schwager weiter ins Visier der Ermittler. Die Familie begründet das Verschwinden des Gürtels damit, dass sie damit ein Spielzeugauto gezogen und ihn danach entsorgt hätten.
Filter-Fotos bei Fahndung
Obwohl die Polizei nun schon seit fünf Jahren nach dem vermissten Mädchen sucht, gibt der Profiler Axel Petermann nicht auf. «Ich halte die Chance für eine späte Aufklärung immer für gegeben. Ich bin optimistisch.» Auch der Berliner Kriminalwissenschaftler Christian Matzdorf glaubt an eine Aufklärung. Die Ermittler hoffen, den Fall bald aufklären zu können und die sterblichen Überreste der Jugendlichen zu finden.
Dass die Polizei mit bearbeiteten Bildern nach Vermissten sucht, wurde nicht nur im Fall Rebecca Reusch kritisiert. Auch die damals vermisste Miriam H.* (damals 15) wurde zuerst mit einem Filter-Foto gesucht. Als die Polizei ein weiteres Foto der jungen Schülerin veröffentlichte, wirkte es beinahe so, als würde es sich um zwei verschiedene Menschen handeln. Die Schülerin verschwand im Juni 2021 im Bundesland Sachsen und wurde ein halbes Jahr später in Berlin wohlbehalten gefunden. (mgf)
* Name bekannt