Putins Stärke und Trumps schwaches Herz
Wie Moskaus Staatssender die Verhandlungsergebnisse ausschlachten

Freie Medien gibt es in Russland längst keine mehr. Die staatlich kontrollierten Sender sind voll des Lobes für Putin und seine Verhandlungstaktik. Über Donald Trump aber macht man sich hinter vorgehaltener Hand lustig.
Publiziert: 21.03.2025 um 00:15 Uhr
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Aktualisiert: 21.03.2025 um 10:18 Uhr
Wladimir Putin wird in den russischen Staatsmedien überschwänglich gelobt für sein Verhandlungsgeschick.
Foto: IMAGO/ITAR-TASS/ Sipa USA

Darum gehts

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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Donald Trump (78) könnte einem fast leidtun. Weltweit wird der selbst ernannte «Dealmaker» für sein rasches Einknicken vor Wladimir Putins (72) Waffenstillstandsforderungen belächelt. Ex-KGB-Agent Putin hingegen, geschult in altem sowjetischem Taktieren, macht sich einen Namen als geschickter Verhandler.

In Russlands staatlich kontrollierten Medien wird Putin für seine politischen Verführungskünste gefeiert. Und Donald Trump? Der würde staunen, was Moskaus Meinungsmacher in ihren Fernsehshows allabendlich über ihn erzählen!

Eine der gewichtigsten Stimmen im Moskauer Medienzirkus ist Wladimir Solowjow (61), Moderator der nach ihm benannten Abendshow im russischen Staatsfernsehen. «Wir werden uns nicht hinlegen wie die Ukrainer und wehrlos unsere Beine spreizen», schimpfte Solowjow und lobte Putin dafür, dass er nicht auf den amerikanisch-ukrainischen Waffenstillstandsvorschlag eingegangen sei.

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Wladimir Putin wird in den russischen Staatsmedien überschwänglich gelobt für sein Verhandlungsgeschick.
Foto: IMAGO/ITAR-TASS/ Sipa USA

«Die Masken sind gefallen», sagt Solowjow nach dem jüngsten Telefonat zwischen Putin und Trump. Die Verhandlungen jetzt seien nur der Start einer viel grösseren, vielleicht sogar militärischen Zusammenarbeit zwischen Russland und den USA.

Trump macht jetzt Putins Job

Die Europäer hingegen, die die russischen Meinungsmacher durchs Band als «Kriegspartei» bezeichnen, will Solowjow brennen sehen. Berlin, Paris, London: Das werde sich die russische Armee alles krallen. Friedrich Merz (69) sollte man in den Augen Solowjows «pfählen» oder ihm gleich eine Überschallrakete schicken.

Solowjows Gast Andrey Lugowoy, ein russischer Abgeordneter, folgerte aus der jüngsten Verhandlungsrunde, Russland habe «die Neuauflage des Kalten Krieges entschieden für sich gewonnen». Andrey Kartapolow, ein weiterer Abgeordneter, sagte in der Staatssender-Show «60 Minuten» mit Blick auf die bisherigen Verhandlungsergebnisse: «Nur grosse Männer sind grossen Situationen gewachsen. Das zeigt sich jetzt deutlich.»

Ewgeny Popow (46), der einflussreiche Moderator ebendieser «60 Minuten»-Show, zeigte sich regelrecht erstaunt über den Verlauf der Verhandlungen. «Trump macht unseren Job. Wir wollten doch eigentlich den Westen spalten. Jetzt hat er sich entschieden, das für uns zu tun.» Popows Gast Oleg Morozow, ein Putin-naher Abgeordneter, frohlockte, dass in der Politik «manchmal selbst die absurdesten Hoffnungen noch übertroffen» würden.

Die Witze über Trumps Unterschrift

Die Verhandlungsergebnisse würden in Russland als geopolitisches Manöver interpretiert, das dank Putin zu einem maximalen Vorteil für Russland führen werde, sagt Gulnaz Partschefeld (43) zu Blick. Partschefeld hat bis 2006 selbst als Nachrichtensprecherin für den russischen Staatssender gearbeitet und lehrt heute an der Uni St. Gallen russische Kulturgeschichte. «Die schnelle ukrainische Zustimmung zu Trumps Waffenstillstand wird als Zeichen der Schwäche dargestellt, während man Russlands Zögern als taktische Raffinesse verkauft», erklärt Partschefeld. Damit wolle man das Bild der strategisch überlegenen russischen Führung festigen.

Um dieses Bild zu sehen, braucht man sich gar nicht unbedingt russische Fernsehshows anzuschauen. Es reicht, wenn man auf der in der Schweiz (anders als in der EU!) noch immer zugelassenen, von Moskau finanzierten Propaganda-Plattform «RT» (früher «Russia Today») vorbei klickt. Da wirft man der Ukraine in den laufenden Verhandlungen «Lockvogeltaktik» vor und lobt Putin für dessen «massvolle und präzise» Reaktion. Seine Verhandlungstaktik werde in die Lehrbücher eingehen. Putin sei ein «Meister im Manövrieren».

Ganz anders kommt der vermeintliche Deal-Künstler Trump in den russischen Augen weg. Jüngst machte man sich in Ewgeny Popows «60 Minuten»-Show lustig über die Unterschrift des US-Präsidenten. Sie sehe aus «wie das Kardiogramm eines schwachen Herzens», lästerte die Runde, «wie eine kilometerlange Kettensäge». Vielleicht sollte der Vielfernsehschauer Trump sich mal die (dank Organisationen wie «Russian Media Monitor» mit englischen Untertiteln verfügbaren) Shows im russischen Fernsehen anschauen. Dann sähe er, dass ihn hinter Putins aufgesetzter Freundschaftsfassade eine ganze Nation auslacht.

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