Russen greifen mehrere ukrainische Städte an
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Kiew und Charkiw im Visier:Russen greifen mehrere ukrainische Städte an

Putin braucht dringend Erfolge
Das steckt hinter Russlands Strategiewechsel

Erst kündigt die russische Armee an, sich auf die Eroberung des Donbass im Osten der Ukraine zu konzentrieren. Dann bombardiert sie Ziele im Westen. Diese Taktik ist mehr als ein Täuschungsmanöver.
Publiziert: 28.03.2022 um 18:03 Uhr
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Aktualisiert: 28.03.2022 um 19:29 Uhr
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Sergei Rudskoi, der stellvertretende Generalstabschef der russischen Armee, kündigte in einer Rede einen Strategiewechsel an.
Foto: DUKAS

Die Finte war durchschaubar, dennoch liess sie ein wenig Hoffnung aufkeimen. Am Freitag verkündete die russische Armee, sich auf den Donbass zu konzentrieren. Der stellvertretende Generalstabschef Sergei Rudskoi (61) zählte in einer langen Rede die Erfolge seiner Streitkräfte auf. Seit Beginn der «militärischen Operation» sei es Russland gelungen, die ukrainischen Truppen entscheidend zu schwächen. Nun könne man sich wieder auf das eigentliche Ziel konzentrieren: die «komplette Befreiung» der ostukrainischen Republiken Donezk und Luhansk.

Keine 24 Stunden später war klar: Die russische Armeeführung denkt nicht an einen Rückzug aus dem Rest der Ukraine. Am Wochenende führte Russland neue Luftangriffe durch – auch auf Ziele im Westen des Landes. Im westukrainischen Dubna bei Lwiw etwa beschoss das russische Militär ein Treibstofflager, in Charkiw offenbar einen Forschungsreaktor. Auch rund um die Hauptstadt Kiew zeichnet sich keine Entspannung ab.

Putin hält sich alle Optionen offen

Dieses Vorgehen wirft die Frage nach dem Ziel von Rudskois Rede auf. Handelte es sich nur um ein rhetorisches Täuschungsmanöver, oder steckt mehr dahinter? Eine Erklärung für den vermeintlichen Strategiewechsel könnte der stockende Vormarsch der russischen Truppen sein, wie der «Spiegel» analysiert. Gelingt es der russischen Armee nicht, die ukrainische Regierung zu stürzen und grössere Städte einzunehmen, kann sie sich auf Rudskois Worte berufen und sich zurückziehen.

Die Bombardierung von Zielen ausserhalb des Donbass kann die russische Führung unter dem Vorwand der «Entnazifizierung» der Ukraine dennoch fortsetzen. Auch Rudskoi knüpfte in seiner Rede an die von Präsident Wladimir Putin (69) festgelegte Sichtweise an, wonach die Ukraine, deren Präsident Wolodimir Selenski (44) aus einer jüdischen Familie stammt, «entnazifiziert» werden müsse. Die Rede ist daher kein Strategiewechsel, sondern dürfte vor allem dazu dienen, innen- und aussenpolitischen Druck wegzunehmen. So bleiben alle Optionen offen.

Lange Liste der angeblichen Erfolge

Gerade im eigenen Land wird es für Putins Regime zunehmend wichtiger, Erfolge vorweisen zu können. Sergei Rudskoi listete in seiner Rede denn auch minutiös auf, was den russischen Truppen angeblich gelungen sei. So habe man zu Beginn der «Spezialoperation», wie die russische Führung die kriegerischen Angriffe auf die Ukraine euphemistisch nennt», innerhalb von zwei Tagen die Lufthoheit gewonnen. Seither habe man 276 Siedlungen im Donbass eingenommen und 14'000 ukrainische Soldaten getötet und 16'000 verletzt.

Rudskoi betonte zudem, die russische «Operation» in der Ukraine verlaufe «streng nach Plan». Die eigenen Verluste und jene in der Zivilbevölkerung seien «minimiert» worden. Für getötete Zivilisten machte er ebenso die Ukraine verantwortlich wie für die Zerstörung von ziviler Infrastruktur. Die Zahl der getöteten russischen Soldaten gab er mit 1351 an. Die Nato hingegen geht von bis zu 15'000 Gefallenen aus. (sst)

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