Auf der isländischen Halbinsel Reykjanes ist am späten Montagabend zum vierten Mal in weniger als drei Jahren ein Vulkan ausgebrochen. Dem Ausbruch war eine wochenlange Serie von Erdbeben vorausgegangen. Doch warum ist Island so vulkanisch?
Island wurde über Millionen von Jahren von vier grossen geologischen Kräften geformt: Plattentektonik, Vulkanismus, Eiszeiten und Erosion. Die Insel liegt direkt auf dem Mittelatlantischen Rücken, der Grenze zwischen der Eurasischen und der Nordamerikanischen Platte. Dieser 20'000 Kilometer lange Graben verläuft von Südwesten nach Nordosten durch Island.
Platten driften jährlich 2,5 Zentimeter auseinander
Vor rund 20 Millionen Jahren entstand die Landmasse Islands durch den bis heute anhaltenden Vulkanismus. Zu 80 Prozent besteht die Insel aus vulkanischen Basalten, zu kleinen Teilen aus Tuffsteinen, Rhyolith, Liparit und Lava. Mit heute noch ca. 30 aktiven Vulkanen ist die Zahl grösser als irgendwo sonst auf der Welt, wie das «Geo»-Magazin erklärt.
Die wichtigsten der feuerspeienden Berge befinden sich entlang der Grenze zwischen den beiden Kontinentalplatten. Diese tektonischen Platten sind divergierend, das heisst, sie driften jedes Jahr um etwa 2,5 Zentimeter auseinander. Dabei steigt Magma aus dem Erdmantel und füllt die entstandene Lücke bei einem Vulkanausbruch wieder auf.
Hot Spot und Gletscher
Unter der Insel wirkt aber noch eine zweite Kraft: ein sogenannter Hot Spot. Aus einer Tiefe von bis zu 2900 Kilometern steigt Magma auf. Über dem Hot Spot bildet sich ein pilzförmiger Diapir (auch Plume genannt): Durch seinen Stiel fliesst ständig heisses Magma nach oben und sammelt sich in der Kappe. Während der Diapir ortsfest ist, bewegt sich die Krustenplatte über ihn hinweg. Gelegentlich brennt sich die heisse, flüssige Gesteinsschmelze durch die feste Kruste: Ein Vulkan bricht aus und fügt dem Land neue Lava hinzu.
So sammelt sich in einer Magmakammer unter einem aktiven Vulkan über viele Jahre hinweg kontinuierlich aufsteigendes Material an. Liegt dieser Vulkan unter einem Gletscher, wird die Eruption durch den massiven Eispanzer lange zurückgehalten. In Island ist dies häufig der Fall. Dadurch steigt der Druck immer weiter an – bis er sich schliesslich explosionsartig entlädt.
Eruptionen unberechenbar
Dabei zerbrechen die vulkanischen Gesteins- und Glasteilchen zu feinen Partikeln von maximal zwei Millimetern Durchmesser, der Vulkanasche. Durch die enorme Kraft wird diese bis zu 25 Kilometer hoch in die Atmosphäre geschleudert. Die Gletscherbedeckung auf der Insel ist daher Hauptgrund dafür, dass die isländischen Vulkane eruptiver sind als anderswo – und oft enorme Mengen an Asche fördern.
Vulkanausbrüche sind in Island also alles andere als eine Seltenheit. Allerdings sind sie nicht vorhersehbar: Die nächste Eruption könnte bereits morgen passieren – oder erst in vielen Jahren.