In der US-Stadt Boston ist ein 45-jähriger Mann nach einer Dauerinfektion von 154 Tagen an Corona gestorben. Er hatte sich im Frühling 2020 mit dem Virus infiziert und musste mehrere Male mit einer Lungenentzündung ins Spital eingeliefert werden. Dort stellten die Ärzte fest, dass es sich nicht um eine Covid-Spätfolge handelte, sondern dass die Infektion gar nie abgeklungen war.
«Dieser Mann hatte fünf Monate lang lebende Viren im Körper», sagt Infektionsmediziner Jonathan Li von der Harvard Medical School in Boston auf der amerikanischen Plattform NPR. Mit andern Worten: Der Patient war in der ganzen Zeit hochansteckend.
Während der Behandlungsdauer entnahmen ihm die Ärzte immer wieder Virusproben. Dabei machten sie eine überraschende Feststellung: Das Virus hatte sich im Körper während der Erkrankung mehrmals verändert. Insgesamt stellten die Ärzte über 20 Mutationen fest.
Gemeinsamkeiten mit Südafrika- und Englandvirus
Das Erschreckendste aber war, dass Forscher später genetische Gemeinsamkeiten mit den neuen Mutationen feststellten, die seit Dezember in Südafrika und England grassieren. Die Mutationssätze seien zwar nicht identisch, aber sie teilten mehrere Schlüsselmutationen wie N501Y, die das Virus enger an die Zellen bindet sowie E484K, die das Virus unempfindlicher gegen Antikörper macht. Mittlerweile gibt es mehrere Berichte von solchen Fällen.
Mehr zum den gefährlichen Mutationen
Beim Amerikaner ist der Grund der langen Infektionsdauer auf dessen schwere Autoimmunerkrankung zurückzuführen. Er musste dafür Medikamente einnehmen, die sein Immunsystem unterdrückten. Sein Körper war daher zu schwach, gegen die Corona-Infektion anzukämpfen, obwohl ihm das antivirale Mittel Remdesivir und später auch noch der Antikörper-Cocktail von Regeneron, mit dem im Herbst auch der ehemalige US-Präsident Donald Trump (74) behandelt worden war, verabreicht wurden.
Aus ihren Beobachtungen schliessen die Forscher, dass gerade Langzeitinfektionen dem Coronavirus ein geeignetes Umfeld bieten, sich zu verändern und aggressivere Formen zu finden, um das menschliche Immunsystem auszutricksen. Da solche Prozesse weltweit bei immungeschwächten Patienten stattfinden, empfehlen sie erst recht, Risikogruppen vor einer Ansteckung zu schützen. (gf)