Auf einen Blick
- Sieben Kanzlerkandidaten im Fokus vor der deutschen Bundestagswahl am 23. Februar
- Olaf Scholz, Friedrich Merz, Alice Weidel und Robert Habeck sind Spitzenkandidaten
- Umfragen: Union führt mit 30,2%, AfD zweitstärkste Kraft mit 20,7%
Sie streiten, debattieren, erklären: In Deutschland sind die Namen Scholz, Habeck, Weidel, Merz derzeit in aller Munde. Einer der vier Spitzenpolitiker zieht nach der Bundestagswahl vom 23. Februar ins Berliner Kanzleramt ein. Oder gewinnt am Ende doch ein Aussenseiter? Blick hat die vier Kanzlerkandidaten durchleuchtet.
Olaf Scholz (66, SPD)
Schon als Zwölfjähriger gab Olaf Scholz als Berufsziel «Bundeskanzler» an. 2021 erfüllte sich der Wunsch des nüchternen Norddeutschen im Alter von 62 Jahren. Doch Scholz hatte auch vor seiner Zeit als Regierungschef mehrere hochrangige Ämter bekleidet. Er war Bundesarbeitsminister unter Altkanzlerin Angela Merkel (70), dann Erster Bürgermeister von Hamburg und schliesslich Finanzminister und Vizekanzler.
Scholz und die SPD bauen im Wahlkampf vor allem auf das Thema der «Sozialen Gerechtigkeit». So ist jedes der 25 Wahlkampfthemen mit «Wir kämpfen für …» überschrieben. Darunter finden sich Steuerentlastungen für kleine und mittlere Einkommen, neues Wachstum, sichere Arbeitsplätze sowie sichere Renten. Der Mindestlohn soll ebenfalls angehoben werden. Zudem möchte die Partei, mit einem neuen Fonds, Investitionen in Deutschland ankurbeln.
Die aktuellen Umfragewerte sehen für die SPD nicht rosig aus. Derzeit kommt die SPD auf rund 15 Prozent, was Platz drei unter den Parteien bedeutet.
Friedrich Merz (69, Union)
Der Rechtsanwalt aus dem Sauerland stieg 1989 in die Politik ein und wurde nach wenigen Jahren im Europäischen Parlament in den Deutschen Bundestag gewählt, wo er zwischenzeitlich als Chef der Bundestagsfraktion CDU/CSU amtete. 2009 nahm er seine Tätigkeit als Rechtsanwalt wieder auf, bevor er sich zwölf Jahre später für ein Comeback in die Politik entschied. Nun ist für Merz das Amt des Kanzlers zum Greifen nah. Nach vier Jahren in der Opposition wollen er und die Union zurück an die Macht. Ihr Programm ist geprägt von konservativen, liberalen und christlich-sozialen Werten. Das Motto dabei: «Politikwechsel für Deutschland.»
Migration ist zum wichtigsten Thema des Wahlkampfs geworden. Merz möchte die irreguläre Migration begrenzen. «Wir beschleunigen Asylverfahren und Rückführungen», heisst es beispielsweise. Und auch die Stärkung der Wirtschaft nimmt eine zentrale Rolle ein. «Wir senken die Unternehmenssteuerbelastung auf maximal 25 Prozent.» Für die Verteidigung Deutschlands soll künftig mehr Geld zur Verfügung stehen.
Die grossen Meinungsforschungsinstitute sehen Merz und seine Union derzeit als Wahlsiegerin. Demnach kommt sie momentan auf 30,2 Prozent der Stimmen und ist somit stärkste Partei.
Alice Weidel (46, AfD)
Alice Weidel ist aus der AfD nicht mehr wegzudenken. Die Chefin der rechtspopulistischen Partei wurde in Gütersloh (Nordrhein-Westfalen) geboren und studierte Betriebswirtschaftslehre. 2011 promovierte sie und erhielt für ihre Doktorarbeit über die Zukunft des chinesischen Rechtssystems die Bestnote. Wenige Monate nach der AfD-Gründung trat Weidel 2013 der Partei bei. Zwei Jahre später wurde sie in den Bundesvorstand und 2017 schliesslich in den Bundestag gewählt. Sie lebt, mit ihrer Lebensgefährtin und zwei Söhnen, teilweise in Einsiedeln SZ.
Weidel vertritt rechtspopulistische und rechtskonservative Standpunkte und stellt wie die ganze AfD die Themen Asyl und Migration in den Fokus ihrer Arbeit. In dem Parteiprogramm mit dem Namen «Zeit für Deutschland» heisst es beispielsweise: «Das Asylparadies Deutschland» sollte geschlossen werden. Personen, die ausreisepflichtig sind, sollen «konsequent abgeschoben» werden, ebenso sollen «Anreize zur freiwilligen Rückkehr» ausgebaut werden. Die AfD will zudem den Mittelstand entlasten und die Wirtschaft von bürokratischen Hürden befreien. Auch die eurokritische Haltung kommt in dem Programm zum Vorschein.
Würden die Deutschen heute wählen (17.2.2025), ginge die AfD als zweitstärkste Kraft (20,7 Prozent) aus der Bundestagswahl hervor.
Robert Habeck (55, Die Grünen)
Der amtierende Vizekanzler Robert Habeck arbeitete lange als Schriftsteller. In die Politik ging es erst, als er einen Veloweg in die Kita für einen seiner Söhne haben wollte. Um dieses Vorhaben umzusetzen, stieg der Vierfach-Vater bei den Grünen ein und betrieb zunächst Kommunalpolitik, bevor er über die Landespolitik zur Bundespolitik gelangte. 2021 wurde Habeck Wirtschaftsminister und Vizekanzler.
Neben dem Schutz des Klimas und dem Einleiten der Energiewende baut Habecks Partei auf die Stärkung der Wirtschaft durch Investitionen und eine Sanierung der teils maroden Infrastruktur Deutschlands. Wohnen soll dadurch bezahlbarer und öffentliche Mobilität günstiger werden. Zusätzlich soll auch wieder mehr in die öffentliche Sicherheit investiert werden.
Habeck versucht, sich im Wahlkampf nahbar zu zeigen. So ist er in den sozialen Medien sehr aktiv und sitzt mit Wählern am Küchentisch.
Ob sich dies auszahlt, bleibt abzuwarten. Die Grünen kommen nach den neusten Umfragen auf rund 13,5 Prozent der Stimmen.