Palästina-Botschafter Ibrahim Khraishi (66)
«Legt die Waffen nieder! Alle!»

Der palästinensische Botschafter bei der Uno in Genf, Ibrahim Khraishi, fordert einen sofortigen Waffenstillstand in Israel. Er äussert seine Angst vor einer Eskalation im Gazastreifen mit unzähligen zivilen Opfern.
Publiziert: 11.10.2023 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 11.10.2023 um 06:31 Uhr
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Ibrahim Khraishi, Botschafter Palästinas bei der Uno in Genf, drückt im Gespräch mit Blick seine Angst vor einer ethnischen Säuberung im Gazastreifen aus.
Foto: Wikipedia
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Beat MichelReporter

Ibrahim Khraishi (66) ist der palästinensische Botschafter in der Schweiz und vertritt die palästinensische Autonomiebehörde bei den Vereinten Nationen in Genf. Der ausgebildete Arzt entstammt einer alten Familie aus dem Westjordanland. Im Moment weibelt er in Genf für einen Stopp der Gewalt. Er beantwortet die Fragen von Blick am Telefon.

Zu den Angriffen der Hamas aus dem Gazastreifen auf Zivilisten in Israel sagt Khraishi: «Ich verurteile jede Art von Gewalt gegen die zivile Bevölkerung. Von jeder Seite. Jedes zivile Opfer ist eine Tragödie.»

Sofort verweist er aber auf die Verantwortung des israelischen Staates. «Wir müssen auch sehen, dass seit Jahren laufend Angriffe Israels auf zivile Ziele in Palästina passieren.» Der Botschafter will also nicht vertieft über die Terrorakte der Hamas sprechen, sondern Kritik an Israel üben. 

«Wir haben Differenzen»

Khraishi merkt an, dass nicht die ganze palästinensische Bevölkerung geschlossen hinter der radikalislamischen Hamas stehe. «Wir haben unsere Differenzen», sagt er, «wir unterstützen keine Gewalt.» Und wieder bringt er den Staat Israel ins Spiel: Auch von Israel habe es seit Jahrzehnten Gewalt gegen zivile Ziele in Palästina gegeben.

«Wir warnen seit Jahren vor einer Explosion der Situation», erklärt Khraishi. Die Palästinenser lebten nicht erst seit Samstag in einem besetzten Gebiet. In den letzten zwei Jahren hätten sich systematische Angriffe auf das palästinische Volk gehäuft. «Täglich passieren Menschenrechtsverletzungen, ohne dass diese international geahndet werden.»

Der Botschafter kritisiert den israelischen Ministerpräsidenten scharf: «Die täglichen rassistischen Aussagen der Netanjahu-Regierung giessen weiteres Öl ins Feuer.» Die palästinensische Seite sei bereit, die Beschlüsse der Uno umzusetzen, während die aktuelle Regierung Israels dies verweigere. «Sie beharren auf der Besetzung von Palästina.»

Forderung nach Waffenstillstand

Das verursache Leid im Gazastreifen. Die Bevölkerung lebe in Angst. «Seit Samstag sind mehr als 600 Palästinenser gestorben, darunter 100 Kinder und 80 Frauen.» Niemand sei im Moment sicher. Es seien sogar Ambulanzen angegriffen und drei Spitäler von Bomben getroffen worden. Und nun drohe die israelische Bodenoffensive. Der Botschafter fürchtet: «Es wird unglaublich viele Opfer geben – vor allem Zivilpersonen.» Die Gewalt müsse jetzt aufhören.

Es brauche jetzt zwingend einen Waffenstillstand, sagt Khraishi und fordert: «Legt die Waffen nieder! Alle!»

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