Hier klettern die Bergsteiger über den Schwerverletzten
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Aufnahmen zeigen:Hier klettern die Bergsteiger über den Schwerverletzten

Mohammed Hassan starb am K2
Jetzt wehrt sich die norwegische Bergsteigerin

Statt zu helfen, kletterte die norwegische Bergsteigerin Kristin Harila über den verletzten Mohammed Hassan, der im Sterben lag. Sie wollte um jeden Preis auf den Gipfel. Ihr Ziel: Die schnellste Besteigung der 14 höchsten Berge weltweit.
Publiziert: 11.08.2023 um 11:16 Uhr
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Aktualisiert: 11.08.2023 um 21:10 Uhr
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Überglücklich strahlt Kristin Harila nach ihrem Rekord.
Foto: keystone-sda.ch
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Johannes HilligRedaktor News

Er half anderen Bergsteigern zum Gipfel des K2, doch als Mohammed Hassan (†27) selbst Hilfe brauchte, wurde er allein gelassen. Die Aufnahmen sorgten weltweit für Entsetzen. Eiskalt kletterten die Alpinisten nach und nach über den verletzten Pakistani. Sie alle wollten um jeden Preis zum Gipfel des 8611 Meter hohen Berges. Das Todesurteil für Bergführer Mohammed Hassan.

Unfassbar: Während der 27-Jährige im Sterben lag, wurde auf dem Gipfel gejubelt und gefeiert. Denn: Die norwegische Extrembergsteigerin Kristin Harila (37) und ihr nepalesischer Bergführer Tenjin Sherpa hatten einen Rekord gebrochen – jenen für die schnellste Besteigung der 14 höchsten Berge weltweit.

Mit Erreichen des 8611 Meter hohen Gipfels des K2 hatten die beiden alle Achttausender innerhalb von 92 Tagen bezwungen. Harila hatte bereits im vergangenen Jahr einen Versuch gestartet. Aber nachdem sie die ersten zwölf Gipfel erklommen hatte, verweigerten ihr die chinesischen Behörden wegen der Corona-Pandemie die Genehmigung zum Aufstieg auf einen Gipfel im Tibet, der von chinesischer Seite aus bestiegen wird.

«Schande über dich»

Dementsprechend überglücklich meldete sich die Norwegerin auf Instagram. In einem Video erklärte sie, dass sie es geschafft habe, alle 14 hohen Berge auf der Welt innert kurzer Zeit zu bezwingen. Und sie dankt allen Personen, die sie dabei unterstützt haben. Sie dankte besonders Bergführer Tenjin Sherpa. «Ohne ihn hätte ich es nicht geschafft.» Kein Wort über Mohammed Hassan. Dabei kletterte sie auf dem Weg zum Gipfel über den Pakistani. Auf dem Rückweg musste sie erneut über den sterbenden Mann steigen.

Unter dem Video auf Instagram der Norwegerin hagelt es dementsprechend viel Kritik. Ihr Verhalten wird als «furchtbar» und «egoistisch» bezeichnet. Sie sei «mehr daran interessiert gewesen, den Rekord aufzustellen, als zu helfen». Weitere Kommentare lauten: «Schande über dich» und «Wo ist deine Menschlichkeit?»

«Es war unmöglich, Hassan sicher aus der Gefahrenzone zu bringen»

Harila wehrt sich gegen den Shitstorm. Und zwar mit einem weiteren Post auf Instagram. Es sei wirklich tragisch, was passiert sei. «Ich hoffe, wir können aus dieser Tragödie etwas lernen.» Denn: Hassan sei nicht ausgerüstet gewesen, um eine solche Gipfel-Tour zu schaffen. «Was passiert ist, ist in keiner Weise seine Schuld, aber es zeigt, wie wichtig es ist, alle möglichen Vorsichtsmassnahmen zu treffen, damit wir uns selbst und anderen helfen können.»

Sie hat inzwischen erklärt, dass sie und ihr Team alles getan hätten, um Hassan zu helfen. Aber die Bedingungen am K2 seien zu gefährlich gewesen, um ihn zu retten. Es hätte sechs Helfer gebraucht, um den Körper von Hassan nach unten zu bringen. Doch die Stelle war zu eng. Nur zwei Retter, einer vorne, einer hinten, hätten zu ihm gelangen können. «Es war unmöglich, Hassan sicher aus der Gefahrenzone zu bringen», verteidigt sie sich. Sie und ihr Team hätten 90 Minuten lang versucht, Hassan zu helfen. Ihre Gedanken und Gebete seien bei der Familie von Hassan. Er hinterlässt eine Frau und drei Kinder. Am Ende teilt Harila einen Link für einen Spendenaufruf. 100'000 Euro sollen für Hassans Familie zusammenkommen. Das Ziel ist fast erreicht. Bis jetzt sind schon 94'513 Euro gespendet worden.

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