In Russland steht Kriegspropaganda auf dem täglichen Programm. Ob im Fernsehen, in den Nachrichten oder in Ansprachen des Kremls. Selbst Kinder bleiben davon nicht verschont. So unterschrieb Wladimir Putin (70) im August ein Gesetz für die Einführung eines neuen Pflichtkurses an Schulen. Dieser heisst: «Grundlagen der Sicherheit und Verteidigung des Vaterlandes.»
Das Bildungsministerium förderte daraufhin Drohnenkurse und Exkursionen zu Militäreinheiten, berichtet CNN. Auch wurden an Schulen und Hochschulen etwa 10'000 «militärisch-patriotische» Vereine gebildet. Rund 250'000 Schülerinnen und Schüler seien daran beteiligt, gab Bildungsminister Sergej Krawzow bekannt. Doch damit nicht genug.
Putin führt neues Geschichtsbuch ein
Seit Anfang September werden Schülerinnen und Schüler der 11. Klasse auf Wunsch Putins mit einem neuen Geschichtsbuch unterrichtet. Es umfasst ein Kapitel, das dem Ukrainekrieg gewidmet ist. Darin enthalten ist unter anderem ein Abschnitt mit dem Titel: «Russland ist ein Land der Helden.» Weiter wird behauptet, dass die Ukraine den Wunsch nach Atomwaffen geäussert habe.
Putin richtet sich in dem Buch höchstpersönlich an die Schülerinnen und Schüler. Der Machthaber beteuert in einem Zitat, dass der «Zusammenbruch der Sowjetunion die grösste geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts war.»
Kinder tragen – und nähen – Armeekleidung
Die Militarisierung beginnt jedoch nicht erst in der elften Klasse, wie eine Umfrage von CNN aufzeigt. In Krasnodar marschierten demnach Grundschulkinder in Armeeuniformen auf ein Podium. Einige trugen nachgeahmte Waffen. In Belgorod sollen Kinder an Übungen teilgenommen haben, wo sie den Umgang mit automatischen Waffen sowie den Zusammenbau von Maschinengewehren lernten. In Astrachan trugen sogar Kindergartenkinder Uniformen. Auch spielten sie mit Fahrzeugen, auf denen der Buchstabe Z stand – das Symbol bringt Unterstützung für den Ukrainekrieg zum Ausdruck.
Die Kinder tragen aber nicht nur Armeekleidung – sie stellen sie auch her. So sollen Schulkinder in Wladiwostok laut CNN Hosen und Mützen für Soldaten genäht haben. In Wladimir wiederum wurden Sturmhauben für das Militär erstellt. Eine technische Schule in Woronesch beauftragte seine Schülerinnen und Schüler zudem mit der Herstellung mobiler Öfen und Grabenkerzen für das Militär.
Militärische Sportspiele für Jugendliche
Während Kinder nähen, nehmen Jugendliche an Militärsportspielen teil. Laut CNN traten vergangenes Jahr bei einem Wettbewerbsfinale in der Region Orenburg 180 Athleten aus 14 Mannschaften an. Auf dem Programm standen Granatenwerfen, ein Hindernisparcours, der Zusammenbau eines Kalaschnikow-Sturmgewehrs sowie ein Quiz zur Militärgeschichte.
Das Verteidigungsministerium sieht in den Spielen «einen Sinn für gegenseitige Hilfe und kameradschaftliche Unterstützung.» Das Ziel sei, «die junge Generation auf den Dienst in den Streitkräften der Russischen Föderation vorzubereiten.»
Schüler werden zu Drohnenpiloten ausgebildet
Wie der stellvertretende Handelsminister Wassili Osmakow erklärte, braucht Russland bis 2030 rund eine Million Drohnenpiloten. Trainiert werden diese scheinbar in den Schulen. Wie das Verteidigungsministerium mitteilte, sollen neuerdings Drohnenausbildungen an Schulen und Hochschulen der «militärisch-patriotischen Erziehung junger Menschen» dienen.
Die Ausbildungsprogramme lehren die Aufklärung von Gebieten sowie die «Bekämpfung des Feindes». Erfolgen tun sie auf Wunsch Putins. Im April sagte dieser zur Nachrichtenagentur Tess: «Natürlich unterstütze ich Vorschläge, damit Kinder von der Schule an lernen können, Drohnen zu steuern, zu montieren und zu entwerfen.»
Unklar, was Lehrer und Eltern davon halten
Wie die Eltern zur Militarisierung ihrer Kinder stehen, ist hingegen unklar. Zwar hätten laut einer Umfrage der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Novostis rund 79 Prozent der Eltern befürwortet, dass ihren Kindern Videos über den Krieg gezeigt werden. Doch bleibt umstritten, wie viel Glauben man der Umfrage schenken darf.
Die CNN fand zudem heraus, dass einige Lehrkräfte, die sich gegen die Umstrukturierung aussprachen, entlassen wurden. In einem vom russischsprachigen Medium Meduza veröffentlichten Interview erklärte eine Lehrerin: «Im Moment zwingt uns niemand zu Exkursionen zum Zentralmuseum des Grossen Vaterländischen Krieges. Aber alles, was der Staat Schulkindern anbietet, geht ein wenig in diese Richtung.» (mrs)