Neuer Verteidigungsminister Katz – er gilt als Hardliner und scheut keine Konfrontation
So radikal ist Israels «Bulldozer»

In einer dramatischen Ankündigung hat Israels Premierminister Benjamin Netanyahu seinen bisherigen Verteidigungsminister gefeuert. Zum Handkuss kommt ein loyaler Verbündeter. Warum die Personalie umstritten ist.
Publiziert: 06.11.2024 um 18:06 Uhr
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Aktualisiert: 06.11.2024 um 18:18 Uhr
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Knall in Israels Kabinett: Premier Netanyahu entlässt seinen Verteidigungsminister Yoav Gallant.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Netanyahu ersetzt Verteidigungsminister durch Hardliner Israel Katz
  • Katz ist bekannt für seinen kompromisslosen «Bulldozer»-Stil
  • Der bisherige Aussenminister gilt als treuer Unterstützer von Netanyahu
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Sandra MeierJournalistin News

Er trägt den Spitznamen «Bulldozer», gilt als konservativer Hardliner und scheut keine Konfrontation: Aussenminister Israel Katz (69) wird künftig die israelischen Streitkräfte anführen. Der bisherige und weithin respektierte Verteidigungsminister Yoav Gallant: gefeuert. Der Entscheid von Premier Benjamin Netanyahu inmitten zweier Kriege sorgte am Dienstagabend für Unverständnis. Tausende Israelis trugen ihren Unmut hinaus auf die Strassen von Tel Aviv, die überrumpelte US-Regierung bezeichnete die Entlassung als «besorgniserregend» und selbst Israels Staatspräsident meldete sich mit einer mahnenden Botschaft zu Wort. Die Personalie ist im In- und Ausland umstritten. 

Als erfahrener Militär, wie es Israels Verteidigungsminister bislang meist waren, gilt Gallants Nachfolger nicht. 1955 in der israelischen Küstenstadt Aschkelon geboren, diente Israel Katz von 1973 bis 1977 im Militär als Fallschirmjäger. An der Universität studierte er danach Agrarwissenschaften. Seit 1998 gehört Katz dem israelischen Parlament (Knesset) an. Innerhalb der nationalistisch-konservativen Likud-Partei ist er einer von Netanyahus engsten Verbündeten und Unterstützern. 

Er fährt über Menschen hinweg

Als Verkehrsminister wurde Katz bekannt für seinen «Bulldozer»-Stil, der wenig Raum für Kompromisse lässt. Politische Entscheidungen setzt er mit einem autoritären Ansatz durch. Sein Umgang mit Gewerkschaften und Interessengruppen brachte ihm das Image eines Politikers ein, der «über Menschen hinweg fährt», statt auf sie zuzugehen.

Gegenüber Palästinensern und arabischen Israelis vertritt Katz eine strikte Linie. Statt Integrationsmassnahmen propagiert er eine Politik der Härte und Kontrolle. Nach dem Überfall am 7. Oktober 2023 wollte Katz den Palästinensern im Gazastreifen Wasser und Strom verwehren. Eine Zweistaatenlösung bezeichnete er im Januar als «absolut absurd».

Er befeuert auch den von internationaler Seite weitgehend als illegal kritisierten Siedlungsbau im Westjordanland und befürwortet eine starke militärische Abschreckung und nationale Sicherheit Israels. Katz' langjährige Unterstützung für Netanyahu rückt ihn in den Augen vieler Israelis in ein schlechtes Licht. Die enge Bindung wird als unkritische Loyalität gewertet, die Reformen und Veränderungen innerhalb der Likud-Partei blockiert.

UN-Chef ist für ihn eine Persona non grata

Katz nimmt kein Blatt vor den Mund und sorgt mit seinen radikalen Äusserungen immer wieder für Empörung. Etwa letzten Monat, als er UN-Chef Antonio Guterres zur «Persona non grata in Israel» erklärte und auf X verkündete, er werde Guterres die Einreise ins Land verbieten. Hintergrund war, dass Guterres den iranischen Angriff auf Israels nach Ansicht von Katz nicht «eindeutig» verurteilte. Der Aussenminister verunglimpfte das Verhalten des UN-Chefs zudem als antisemitisch und antiisraelisch. 

Netanyahu begründet den Wechsel mit einem zerrütteten Vertrauensverhältnis zu Gallant. Dieser wiederum nennt drei konkrete Gründe, die zu seiner Entlassung führten:

  • Er beharrte auf Wehrpflicht für alle Israelis in wehrfähigem Alter, auch für ultraorthodoxe – dies hätte Netanyahus politisches Überleben gefährden können, da er auf seine ultrareligiösen und rechtsextremen Koalitionspartner angewiesen ist
  • Er wollte um jeden Preis ein Geiselabkommen vorantreiben, wenn nötig auch mit einer diplomatischen Lösung – Netanyahu und seine extrem rechten Koalitionspartner verfolgen jedoch einen rein militärischen Ansatz
  • Er forderte eine lückenlose Aufklärung nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023 – Netanyahu weigerte sich bisher, Schuld in den eigenen Reihen zu suchen

Mit der Absetzung seines meinungsstarken Verteidigungsministers hat sich Netanyahu seines grössten Kritikers im Kabinett entledigt. Das könnte im Krieg gegen Hamas und Hisbollah zu einem noch aggressiveren Ansatz führen. Ohne den Pragmatiker Gallant könnten die extrem rechten Kabinettsmitglieder zudem mehr Einfluss auf politische Entscheidungen bekommen. Netanyahus treuer Verbündeter Katz wird ihm dabei kaum im Weg stehen – im Gegenteil.


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