Neue Regierung ändert Lehrplan
Syrische Schüler sollen «für Allah» sterben

Der verweigerte Handschlag des neuen syrischen Machthabers al-Scharaa gegenüber der deutschen Aussenministerin Baerbock wurde bereits als Eklat gedeutet. Nun lassen Änderungen im Lehrplan die Hoffnungen auf ein gemässigtes Syrien weiter verblassen.
Publiziert: 04.01.2025 um 17:18 Uhr
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Aktualisiert: 05.01.2025 um 07:37 Uhr
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Radikale Änderungen im syrischen Lehrplan deuten auf eine Islamisierung des Landes hin.
Foto: IMAGO/ABACAPRESS

Auf einen Blick

  • Baerbock besucht Syrien
  • Machthaber verweigert Handschlag. Aussenministerin bleibt optimistisch
  • Neue syrische Regierung ändert Lehrpläne mit islamistischer Tendenz
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Daniel MacherRedaktor News

Als Annalena Baerbock (44) am Freitag zu Besuch in der syrischen Hauptstadt Damaskus war, war der mediale Aufschrei gross, als der neue Machthaber Ahmed al-Scharaa (42) der deutschen Aussenministerin den Handschlag verweigerte.

Es wäre mehr gewesen, als eine reine Geste des Willkommenheissens, sondern auch ein Zeichen der Öffnung Syriens, hin zu mehr Toleranz und Inklusivität – ein Versprechen, das die Rebellen nach dem Sturz des Assad-Systems gemacht hatten.

Hand nur für den Mann

Die Geste blieb jedoch aus. Nur Baerbocks französischem Amtskollegen Jean-Noël Barrot (41) wurde die Ehre zuteil – wenn auch etwas unbeholfen. Überraschend war das alles nicht.

Das Händeschütteln zwischen Männern und Frauen ist in den islamischen Gesellschaften nicht üblich. Baerbock scheint darauf vorbereitet gewesen zu sein: «War mir jedenfalls klar, dass es hier offensichtlich nicht gewöhnliche Handschläge geben wird», sagte die Grünen-Politikerin auf die Frage einer Journalistin.

Die Aussenministerin bleibt optimistisch

«Wir messen die neuen Machthaber an ihren Taten», stellte sie später noch einmal im deutschen Fernsehen klar. Dass der neue Machthaber ihr den Handschlag verweigert habe, «zeigt, aus welcher ideologischen Ecke er kommt».

Al-Scharaa ist Anführer der islamistischen Rebellengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die den Sturz von Langzeit-Herrscher Bashar al-Assad massgeblich herbeigeführt hatte. Er war früher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Dschulani bekannt. Die Gruppe HTS ging aus der Al-Nusra-Front hervor, einem Ableger des Terrornetzwerks Al Kaida.

Aus Delegationskreisen war zu hören, dass al-Scharaa am Ende des Gesprächs noch mal die Hand ausgestreckt habe, es dann aber nicht mehr zu einem Handschlag gekommen sei.

Neuer Lehrplan lässt zumindest zweifeln

Al-Scharaa versprach ein Syrien für alle, also auch für religiöse Minderheiten. Gerade deshalb seien solche Gespräche für sie wichtig, sagte die deutsche Aussenministerin. Als Europäer wolle man nicht Geldgeber für eine Islamisierung sein.

Doch nun deuten radikale Änderungen im Lehrplan, wie CNN schreibt, genau auf eine solche Islamisierung des Landes hin. Begriffe wie «Märtyrer» würden neu definiert, heisst es. Schüler sollen nun «für Allah» sterben und nicht fürs Vaterland. Zudem sei ein gesamtes Kapitel über die Entstehung des Lebens aus einem naturwissenschaftlichen Lehrbuch entfernt worden.

Eine eindeutige Tendenz

Des Weiteren würden «diejenigen, die verflucht sind und vom rechten Weg abgekommen» sind, durch «Juden und Christen» ersetzt. Und der «Pfad des Guten» soll ab jetzt der «islamische Pfad» sein. Die Änderungen weisen ohne Zweifel eine islamistische Tendenz auf. So sahen es auch viele im Netz, die unter dem Facebook-Post des syrischen Bildungsministeriums Kritik an den Änderungen übten.

Einige Nutzer hätten sich auch gefragt, warum eine Übergangsregierung Änderungen am Lehrplan vornimmt. Das Ministerium erklärte sich unterdessen so: Man habe nur «Assad-Propaganda» entfernt, erklärte Bildungsminister Nasir al-Kadri in einem weiteren Statement auf Facebook. Zusätzlich seien «fehlerhafte Koran-Interpretationen» korrigiert worden.

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