Auf einen Blick
- Putin unterzeichnet Doktrin für erweiterten Einsatz russischer Atomwaffen
- Belarus unter nuklearem Schutzschirm, Angriff könnte Atomschlag rechtfertigen
- USA genehmigen Ukraine Einsatz von Waffen mit hoher Reichweite
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 droht der russische Präsident Wladimir Putin immer wieder mit dem Einsatz von Atomwaffen. Wahr gemacht hat er seine Drohungen bisher nicht. Doch bereits im September hatte der Kremlchef Änderungen in der Atomwaffenpolitik angekündigt, die zumindest ein weiterer Schritt hin zur Eskalation des Konflikts bedeuten würden.
Nun unterzeichnete Putin eine entsprechende Doktrin, die Russland erlaubt, seine Nuklearwaffen künftig umfangreicher einsetzen zu können.
Was ändert sich durch den Erlass?
Durch die jetzt vorgenommenen Änderungen könnte der Kreml künftig auf Angriffe durch einen Staat ohne Atomwaffen mit einer nuklearen Antwort reagieren – wenn der Angriff unter Beteiligung oder mit Unterstützung eines Staates erfolgte, der Atomwaffen besitzt. Das würde bedeuten, auch auf «massive Luftangriffe», selbst wenn dabei herkömmliche Waffen eingesetzt werden, könnte Russland atomar zurückschlagen.
Somit wäre es Putin durch das neue Dekret erlaubt, die kernwaffenfreie Ukraine bei einer Offensive gegen Russland mit atomaren Waffen anzugreifen. Hinzu kommt, dass sich die Gefahr für westliche Atommächte wie Frankreich oder die USA damit erhöht.
Doch das Dekret geht noch weiter
Unter Moskaus nuklearen Schutzschirm wird mit dem neuen Erlass auch Belarus aufgenommen. Ein Angriff auf den Verbündeten würde ebenso einen Atomschlag rechtfertigen – auch, wenn dieser mit konventionellen Waffen geschehen würde.
Auch der «massive Start» von strategischen oder taktischen Flugzeugen, Raketen oder Drohnen und deren Überschreiten der russischen Grenzen könnte zu einer atomaren Eskalation führen, wie es in der Doktrin heisst.
Atomwaffen als «Abschreckungsmassnahme»
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte jüngst zu dem Erlass: «Es war notwendig, unsere Grundsätze mit der aktuellen Situation in Einklang zu bringen.» Dies sei ein «sehr wichtiges» Dokument, mit dem das Ausland sich befassen sollte. Russland habe Atomwaffen stets als «Abschreckungsmassnahme» verstanden und werde diese nur einsetzen, wenn es sich dazu «gezwungen» sehe, so Peskow weiter.
Ob Putin seine Drohungen diesmal tatsächlich wahr macht, ist allerdings fraglich – schliesslich erfüllt die Offensive der Ukrainer in der russischen Stadt Kursk aus Sicht der Russen bereits seit Monaten die Voraussetzungen für einen Atomschlag.
Erlass ist keine Reaktion auf die USA
Der Erlass kam zwei Tage nach der Erlaubnis der USA für die Ukraine, die von Washington gelieferte Waffen mit hoher Reichweite gegen militärische Ziele im russischen Landesinneren einsetzen zu dürfen. Peskow sagte, der «gesamte Westen» habe einen «Krieg» gegen Russland entfesselt.
Zugleich bestritt er, dass der Erlass nichts mit der jüngsten Entscheidung der USA, Waffen mit längerer Reichweite einzusetzen, zu tun hat. Die Anweisung habe Putin schon früher erteilt.