Seit den brutalen Massakern der Hamas wächst in vielen europäischen Metropolen wieder die Angst vor islamistisch motivierten Terrorangriffen. So haben mehrere Länder die Terrorgefahr nach dem Anschlag in Brüssel vom vergangenen Montag drastisch erhöht.
Auch die Schweiz als europäische Friedensinsel ist vor solchen Gefahren nicht ausgenommen. Eine radikalislamische Szene, die Gewalt als legitimes Mittel betrachtet, findet man auch in diesem Land. Als etwa die radikalislamische Terrormiliz IS im Jahr 2014 auf ihrem Höhepunkt stand, reisten aus der Schweiz mehrere Sympathisanten nach Syrien in den Dschihad. Nun erlebt die islamistische Szene nach dem Hamas-Angriff eine neue Blütezeit.
Doch wie sieht die Situation in der Schweiz aus? Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) beurteilt die Terrordrohung für die Schweiz angesichts der aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten derzeit als «erhöht».
Menschensammlungen könnten Zielscheibe werden
«Die Bedrohung wird primär von der dschihadistischen Bewegung geprägt», sagt eine NDB-Sprecherin gegenüber dem «Tages Anzeiger». Das plausibelste Terrorszenario für die Schweiz sei derzeit ein Gewaltakt, der von einer dschihadistisch inspirierten Person mit einfachem Modus Operandi verübt wird. «Nach Einschätzung des NDB würde sich dieser Angriff gegen schwach geschützte Ziele, wie etwa Menschensammlungen richten und geringe logistische und organisatorische Mittel erfordern», so die Sprecherin weiter.
Derzeit liegen der NDB keine Hinweise auf konkrete Anschlagspläne vor. Allerdings hat der Nachrichtendienst mehrere Personen im Visier, die als potenzielle Attentäter gelten. «41 Personen werden zurzeit als sogenannte Risikogruppen eingestuft», heisst es beim NDB. Bei ihnen handelt es sich um Individuen, welche «ein erhöhtes Risiko und eine primäre Bedrohung für die innere und äussere Sicherheit der Schweiz» darstellen.
Das Verfahren, durch das mögliche Gefährder identifiziert werden sollen, ist komplex. So werde dies aufgrund «sehr präzisen Kriterien bestimmt, wobei ein konkreter Gewaltbezug ausschlaggebend ist». Die Personen werden laut NDB laufend dem Bundesamt für Polizei (Fedpol) und der Bundesstaatsanwaltschaft gemeldet. Die Polizei ist dann dafür verantwortlich, dass diese Menschen engmaschig und aufwendig überwacht werden.
Zahl der potenziellen Gefährder gesunken
Sollten sich diese Personen weiter radikalisieren, kann der NDB unter anderem Einreiseverbote, Ausweisungen oder Widerrufe des Aufenthaltsstatus beantragen. Besteht zudem ein Verdacht auf strafbare Handlungen, werden die Fälle den Strafverfolgungsbehörden gemeldet.
Immerhin: Die Zahl solcher Risikopersonen ist in den vergangenen drei Jahren um 16 Prozent gesunken. Beunruhigend ist allerdings, dass in der Schweiz heute rund 10 Prozent mehr Menschen auf verdächtigen Websites, sozialen Medien und Foren aktiv sind. Der NDB hat seit 2012 bereits 743 derartige Nutzer identifiziert, die in oder aus der Schweiz im Internet dschihadistisches Gedankengut verbreitet haben. (ced)