Auf einen Blick
- CNN-Video über Häftling in Syrien sorgt für Zweifel und Kontroversen
- Geretteter Mann könnte Angehöriger des Assad-Regimes mit falscher Identität sein
- Journalistin Clarissa Ward (44) bereits im Vorjahr im Raketenhagel gefilmt
Das Video sorgte weltweit für Schlagzeilen: Vor einer Woche stiess CNN-Auslandskorrespondentin Clarissa Ward (44) bei Filmaufnahmen in einem befreiten syrischen Gefängnis auf einen verwahrlosten Häftling. In dem Video klammert er sich verzweifelt an die Reporterin und gibt an, in den letzten Monaten gefoltert worden zu sein. Die Journalisten begleiteten den schwachen Mann in dem Beitrag schliesslich hinaus in die Freiheit.
Schnell kamen jedoch Zweifel an der Echtheit des Videos auf. Die Szene wirke gestellt, kommentierten X-Nutzer den Beitrag. Zudem liessen der frische Haarschnitt und die gepflegten Hände des Mannes nicht darauf schliessen, dass er wirklich drei Monate in einer dunklen Zelle vor sich hin vegetiert habe. Der Reporterin wird vorgeworfen, das Video und die Rettung des Mannes inszeniert zu haben.
Hat der Syrer eine falsche Identität angegeben?
Unter Berufung auf die syrische Fact-Checking-Organisation Verify-Sy berichtet «The Telegraph» jetzt, dass es sich bei dem geretteten Mann namens Adel Ghurbal um einen Angehörigen des Assad-Regimes handeln könnte. Es sei möglich, dass der Syrer die Journalisten mit den Angaben über seine Person hinters Licht geführt habe.
Der syrische Geheimdienst habe ihn vor mehreren Monaten in das Gefängnis verschleppt, gab der Syrer an. Verify-Sy glaubt jedoch: Der wahre Name des Mannes lautet Salama Mohammad Salama, Oberleutnant des syrischen Militär-Geheimdienstes.
Erpressung, Nötigung, Folter
In seiner Funktion soll der Syrer mehrere Kontrollpunkte in der Grossstadt Homs beaufsichtigt haben. Dabei soll er an willkürlichen Verhaftungen und Erpressung zahlreicher Einwohner beteiligt gewesen sein. Salama soll alle, die sich geweigert haben, ihn zu bezahlen, gequält haben. Zudem habe er versucht, junge Männer als Informanten für das Regime anzuwerben.
Einheimische behaupten, Salama sei wegen eines Streits mit einem hochrangigen Offizier über die Aufteilung des erpressten Geldes erst seit wenigen Wochen in dem Gefängnis gesessen.
CNN untersucht Hintergrund des Syrers
Kurz nach der Veröffentlichung von Wards Beitrag äusserte sich der Chef der CNN-Kommunikationsabteilung zu den «beachtlichen» Aufnahmen und lobte die Journalistin für die Rettung des Syrers.
Nach der Publikation des Verify-Sy-Berichts erklärt ein CNN-Mediensprecher gegenüber «The Telegraph»: «Wir untersuchen seinen Hintergrund und sind uns bewusst, dass er möglicherweise eine falsche Identität angegeben hat. Wir setzen unsere Berichterstattung über diesen Fall und die weiteren Geschehnisse fort.»
Und weiter: «Niemand ausser dem CNN-Team wusste von unseren Plänen, das Gefängnisgebäude zu besuchen. Die Ereignisse haben sich so zugetragen, wie sie in unserem Film gezeigt werden. Die Entscheidung, den in unserem Bericht gezeigten Gefangenen freizulassen, wurde von dem Wachmann – einem syrischen Rebellen – getroffen.»
Es ist nicht das erste Mal, dass Ward mit ihrer Berichterstattung für Schlagzeilen sorgt. Bereits im letzten Jahr tauchte ein Video auf, das die Journalistin nahe der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen zeigte. Auf den Aufnahmen war zu sehen, wie sich Ward mitten im Raketenhagel befand. Sie erklärte, dass sie Schutz suchen musste und kauerte dabei im Dreck. Wie verschiedene Medien berichteten, sollen im Hintergrund des Videos Regieanweisungen zu hören gewesen sein. Jemand hinter der Kamera soll zu Ward gesagt haben: «Versuch hübsch, aber verängstigt auszusehen.» CNN wies die Vorwürfe zurück und gab an, die Tonspur sei dem Video im Nachhinein hinzugefügt worden.