Auf einen Blick
- Assad flieht überraschend aus Syrien. Russland ermöglicht Ausreise nach Moskau
- Assad täuschte engste Vertraute und Familie über Fluchtpläne
- Fast 50-jährige Herrschaft der Assad-Familie in Syrien endet
Als die Rebellen am vergangenen Sonntag die syrische Hauptstadt Damaskus einnahmen, hatte sich Bashar al-Assad (59) bereits in Sicherheit gebracht. Mit dem Flugzeug war er am frühen Morgen nach Moskau geflüchtet. Seine Pläne aber hielt er bis zuletzt geheim. Sogar engste Vertraute weihte er nicht ein.
Noch Stunden vor seiner Flucht versicherte Assad in einer Besprechung mit Armee- und Sicherheitschefs, dass russische Unterstützung unterwegs sei. Er habe die syrische Armee aufgefordert, durchzuhalten, sagte ein bei dem Treffen anwesender Kommandant gegenüber Reuters. «Er sagte seinen Kommandanten und Mitarbeitern, dass militärische Unterstützung unterwegs sei», wird Oppositionsführer Hadi al-Bahra von Reuters zitiert. «Er log sie an. Die Nachricht, die er aus Moskau erhielt, war negativ.»
Bruder und Cousins liess er zurück
Selbst seinen jüngeren Bruder Maher soll er nicht über seine Fluchtpläne informiert haben. Dieser floh separat mit einem Helikopter in den Irak und dann nach Russland. Zwei Cousins blieben in Damaskus zurück und gerieten auf der Flucht Richtung Libanon in Rebellenhände.
Der syrische Diktator liess auch sein Personal ahnungslos. Seinem Büroleiter im Präsidentenamt soll er am Samstag gesagt haben, er gehe nach Hause. Stattdessen fuhr er zum Flughafen, wie ein Berater aus seinem engsten Kreis der Nachrichtenagentur erzählt. Er habe auch seine Medienberaterin Buthaina Shaaban angerufen und sie gebeten, zu ihm nach Hause zu kommen, um gemeinsam eine Rede zu schreiben. Doch bei ihrem Eintreffen fand sie niemanden vor.
Abreise war wohl überstürzt
Assad war am Sonntagmorgen heimlich mit ausgeschaltetem Transponder nach Latakia und weiter nach Moskau geflogen. Seine Frau Asma und die drei Kinder warteten dort bereits auf ihn. Zurückgelassene persönliche Gegenstände in seinem Haus deuten auf eine überstürzte Abreise hin. Zuvor hatte Assad verzweifelt Hilfe bei Verbündeten gesucht, um seine 24-jährige Herrschaft zu verlängern. Neben Russland lehnte auch der Iran militärische Unterstützung ab.
Drei Mitglieder aus seinem engsten Kreis sagen Reuters, Assad wollte zunächst in die Vereinigten Arabischen Emirate fliehen, wurde dort aber abgewiesen. Russland organisierte daraufhin seine sichere Ausreise, unter anderem durch Absprachen mit der Türkei und Katar.
Assads letzter Ministerpräsident Mohammed Dschalali berichtete dem Sender Al Arabiya von seinem letzten Gespräch mit Assad am Samstagabend: «Er antwortete: ‹Morgen werden wir sehen›», so Dschalali. «‹Morgen, morgen›, war das Letzte, was er mir sagte.» Als er ihn am nächsten Morgen versucht habe, anzurufen, sei er nicht mehr erreichbar gewesen.
Mit Assads Flucht endet die fast 50-jährige Herrschaft seiner Familie in Syrien. Er hinterlässt ein vom Bürgerkrieg zerstörtes Land mit Millionen Geflüchteten.